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Vollgas gegen die „Weltauswahl"

(sh:z; Holger Petersen) Die doppelte Dosis Paris Saint-Germain: Nur vier Tage nach dem ersten dramatischen Kräftemessen mit dem französischen Serienmeister haben die Handballer der SG Flensburg-Handewitt heute Abend (18.45 Uhr) die Chance, prompte Revanche für die „unverdiente 28:29-Niederlage“ (Trainer Maik Machulla) im Hinspiel in der französischen Metropole zu nehmen. SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke freute sich auf ein „Handballfest in einer fast vollen Hütte“,  Machulla auf ein „Highlight für jeden SG-Handballer und -Fan“.

Der Meistertrainer ärgerte sich zwar immer noch über das Ergebnis und den in den letzten Sekunden verpassten Bonuspunkt, anderseits denkt der 41-Jährige voller Zufriedenheit an die 60 Minuten gegen die Pariser „Weltauswahl“ im Stade Pierre de Coubertin zurück. „Taktisch war das ziemlich optimal für ein Auswärtsspiel in Paris“, sagte Machulla rückblickend. „In meiner Spielanalyse war es ziemlich schwierig, etwas zu finden, was nicht funktioniert hat.“ Allein eine torlose Phase zwischen der 50. und 55. Minute hatte der ersatzgeschwächten SG das Genick gebrochen und dem französischen Starensemble dem Weg zum glücklichen Heimsieg geebnet.

Die Pariser Millionentruppe ist in der Königsklasse wie in den Vorjahren das Nonplusultra der Vorrunde, marschiert strikt Richtung Gruppensieg und der damit verbundenen direkten Qualifikation für das Viertelfinale. „Sie haben halt eine Mannschaft zusammen, in der jeder Akteur aus der ersten Sieben ein Spiel alleine entscheiden kann“, meinte Machulla angesichts eines Kader, der von den Namen (Hansen, Sagosen, Gensheimer, Rimili, Abalo, Karabatic, Omeyer) her die Crème de la Crème des Welthandballs darstellt. Sieben Spiele, sieben Siege – die Pariser sind gestern mit einer „weißen Weste“ in einer Chartermaschine  auf dem Flensburger Flugplatz Schäferhaus gelandet und später im Hotel des Nordens eingezogen.

Ob sie allerdings die Flens-Arena heute Abend unbefleckt verlassen können, ist keineswegs sicher. Denn der neue Club des Ex-Flensburger Henrik Toft Hansen musste zuletzt hart für die Siege arbeiten und schrammte schon öfters knapp am ersten Punktverlust vorbei. 35:34 gegen Nantes, 26:24 gegen Skjern, 33:31 gegen Szeged und eben 29:28 gegen Flensburg. Ergebnisse, die zeigen, dass die Pariser Überflieger zwar erfolgreich, aber nicht mit Überschallgeschwindigkeit durch die Champions League rauschen. Was auch dem Umstand geschuldet ist, dass in Nikola Karabatic (Fuß-OP) ihr Leitwolf außer Gefecht ist. „Das ist ihrem Spiel schon anzumerken, seine außergewöhnliche Präsenz fehlt“, sagte Machulla.

Apropos fehlen: Es ist noch unklar, ob alle Patienten das SG-Lazarett – in Paris mussten Tobias Karlsson, Magnus Röd, Jim Gottfridsson und Marius Steinhauser passen – verlassen können. Letzterer steht auf jeden Fall wieder zur Verfügung, die anderen drei „könnten spielen, wenn wir denn wollen“, sagte Machulla, der das Abschlusstraining abwarten und null Risiko eingehen will – nicht zuletzt im Hinblick  auf das Bundesliga-Topspiel am Montag gegen die Rhein-Neckar Löwen.

Aber: „Halbgas“ wegen der bevorstehenden Löwen-Dressur wird nicht die Maxime beim deutschen Meister heute sein. Das kann und darf auch nicht sein, wenn man die Konstellation in der Gruppe B auf den Plätzen drei bis sieben genauer betrachtet. Nantes (7 Punkte), Flensburg (6), Skjern (5), Zagreb (5) und Celje (4) liefern sich ein enges Rennen um den Einzug in die K.o.-Runde. „Wir müssen unser Minimalziel Achtelfinale im Auge behalten“, sagte  Schmäschke. Sprich: ein Platz unter den ersten Sechs. Rang eins und zwei scheint an Paris (14) und Szeged (12) vergeben, dahinter ist alles offen.

Da zählt jeder Punkt, erst recht ein nicht unbedingt einkalkulierter gegen den favorisierten Tabellenführer. Und nicht nur aus diesem Grund wäre ein Erfolgserlebnis heute so wertvoll für die Flensburger. „Ein Triumph gegen Paris würde viel Energie für den weiteren Saisonverlauf freisetzen“, vermutet Machulla. „Er wäre ein Meilenstein in unserem Bestreben, eine gewisse Siegermentalität aufzubauen.“