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Schwamm drüber

(sh:z; Holger Petersen) Nein, eine schlaflose Nacht werde er nicht haben. Er habe die nächsten Stunden zwar noch daran zu knabbern, aber morgen nach dem Aufstehen sei die Sache abgehakt. So sah die Gefühlswelt bei Holger Glandorf aus, als der Handballprofi der SG Flensburg-Handewitt am Mittwochabend die Flens-Arena nach der bitteren 20:27 (9:12)-Niederlage in der Champions League gegen  den Topclub Paris Saint-Germain mit enttäuschter Miene und ohne die erhofften zwei Punkte verließ.

Und nun? Mund abputzen, Schwamm drüber? Ganz so einfach dürfte es nicht jedem Akteur im Flensburger Lager fallen, diese kleine Lehrstunde durch den französischen Titelfavoriten, der im Hinspiel (29:28) noch auf Augenhöhe war,  zu verdauen. „Ich muss schnell rein in die Köpfe der Spieler kommen“, sagte Trainer Maik Machulla im Hinblick auf das Topspiel am Montag (18.30 Uhr) gegen die Rhein-Neckar Löwen. „Sie müssen diese Niederlage schnell abhaken – und dann am Montag besser Handballspielen.“

Wahre Worte, denn mit der Leistung von Mittwoch ist auch die Löwen nur schwerlich ein Blumentopf zu gewinnen und die weiße Bundesliga-Weste zu verteidigen. „Paris war heute besser als wir“, fasste Simon Hald die unerwartet spannungsarmen 60 Minuten zusammen. Und niemand wollte dem SG-Kreisläufer widersprechen. Auch nicht sein Vorgänger und Landsmann, Henrik Toft Hansen, seit dieser Saison für die Pariser Millionentruppe aktiv: „Wir haben die richtigen Lehren aus dem Hinspiel gezogen und heute echt gut gespielt, besonders in der Deckung.“

Das reichte aus an diesem Tage gegen eine SG, die zwar in der Abwehr und auf der Torhüterposition funktionierte, aber im Angriff nur Stückwerk bot. Und das von Beginn an. Nach neun Minuten und ein paar Fehlwürfen und diskutablen Schiedsrichterentscheidungen leuchtete auf der Anzeigetafel ein ernüchterndes 1:3 auf. „Was ist denn hier los“, fragte sich im Stillen manch ein Spieler und Fan, bei denen sich vor dem Anpfiff im Unterbewusstsein die Erwartung breit gemacht hatte, dass die SG problemlos an den „Galaauftritt ohne Happy End“ in Paris vier Tage zuvor anknüpfen und Gensheimer, Omeyer und Co. erneut in Bedrängnis bringen  würde. Das blieb allerdings Wunschdenken.

„Wir haben die Pariser zu keiner Zeit ins Grübeln und Zweifeln bringen können“, analysierte Machulla hinterher, „und konnten nie auf der emotionalen Welle reiten und unsere Fans mitnehmen.“ Die Folge war eine in der Höhe auch verdiente Niederlage, bereits die fünfte im achten Gruppenspiel, was bedeutet:  Die SG (6:10 Punkte) ist in der Königsklasse dazu verdonnert, in den restlichen sechs Partien fleißig zu punkten, um das Minimalziel Achtelfinale zu erreichen. Von Platz drei bis sieben scheint alles möglich zu sein. SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke: „Auf uns warten nun viele kleine Endspiele.“

Nicht weniger bedeutend ist allerdings auch die nächste knifflige Aufgabe in der Bundesliga. Von Katzenjammer vor dem Löwen-Spiel ist beim Deutschen Meister trotz der Abreibung nichts zu spüren. Tief durchatmen, weiter geht’s. „Wir werden am Montag eine andere SG erleben“, ist sich Schmäschke sicher – vom Auftreten und eventuell von der Besetzung her. Es besteht Hoffnung auf einen Einsatz von Kapitän Tobias Karlsson, der am Mittwoch nur als „Emotional Leader“ unterstützend auf der Ersatzbank mitwirkte, und Rückraumspieler Magnus Röd.

Erfreulich: Torhüter Benjamin Buric – gegen Paris bester Flensburger, aber  fünf Minuten vor dem Abpfiff humpelnd und mit Knieschmerzen  ausgewechselt – konnte gestern ganz normal an der Regenerationseinheit teilnehmen.