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SG verpasst "Wunder von Hamburg"

(sh:z; Jan Wrege) Die SG Flensburg-Handewitt hat sich mit einer großartigen Leistung aus der Handball-Champions-League verabschiedet. Der Pokalfinalist und Vizemeister gewann gestern das Viertelfinal-Rückspiel beim HSV Hamburg mit 25:23 (13:10). Das reichte nach der 26:32-Niederlage eine Woche zuvor in Flensburg nicht, um das Final4 der Königsklasse am 1./2. Juni in Köln zu erreichen.

Vor 7420 Zuschauern in der O2-World entwickelte sich eine ungeahnt dramatische Partie. Nach 50 Minuten hatte die SG das Ticket nach Köln bei einer 23:16-Führung in der Hand gehabt. Doch dann entglitt es ihr binnen weniger Minuten. "Vielleicht kam der Sieben-Tore-Vorsprung etwas zu früh. Uns unterliefen dann ein paar Fehler, wir hatten Pech im Abschluss. Wir haben es nicht verstanden, die Führung  zu verwalten oder auszubauen", meinte SG-Linkshänder Holger Glandorf. Auch Trainer Ljubomir Vranjes haderte mit der Chronologie des Geschehens in Hamburg. "Ich hatte das Spiel in verschiedene Phasen eingeteilt. Bei Halbzeit wollte ich noch gar nicht führen. Wir wissen ja, dass Phasen kommen, in denen wir nicht so stark sind. Das wollte ich möglichst spät haben", sagte der SG-Trainer.

So aber blieben den Hamburgern, die zeitweise ratlos mit dem Rücken zur Wand standen, zehn Minuten, um sich noch einmal zu befreien. "Als Flensburg etwas zu verlieren hatte, kamen wir wieder und sind relativ schnell von den sieben Toren Rückstand weggekommen", sagte HSV-Trainer Martin Schwalb, der insbesondere die Rolle von Joachim Bitter hervorhob. Der Hamburger Keeper hatte gestern lange deutlich im Schatten von Mattias Andersson gestanden, der im SG-Tor mit 21 Paraden beinahe die übermenschliche Leistung vom DHB-Pokal-Halbfinale zwei Wochen zuvor wiederholte. Doch auf Bitter war Verlass, als es darauf ankam. "Yogi hat in den letzten 15 Minuten ganz wichtige Bälle gehalten. Er hat großen Anteil daran, dass wir nach Köln fahren - Riesenkompliment dafür", begeisterte sich Schwalb.

Die Flensburger hatten indes eindrucksvoll bewiesen, dass sie zu Recht an sich geglaubt haben. "Wir haben ein sehr gutes Spiel gemacht, viel gegenüber dem Hinspiel verbessert und nie aufgegeben. Das müssen wir mitnehmen", stellte Andersson fest. Er hatte den Weg zur Sieben-Tore-Führung freigehalten, indem er nach der Pause Glanztaten in Serie gegen die Würfe von Lijewski, Duvnjak, Vori und Lindberg lieferte. Das eröffnete den hellwachen Angreifern der Gäste die Chance für viele Tempoangriffe. Auch die Außen wurden anders als noch in Flensburg deutlich besser ins Spiel gebracht.

Vranjes hatte mit Arnor Atlason in der Rückraummitte begonnen, nachdem Thomas Mogensen die ganze Woche wegen Schulterproblemen nicht trainieren konnte. Auch Lasse Svan Hansen, den seit Wochen Leistenbeschwerden plagen, machte auf Rechtsaußen zunächst Platz für Florian von Gruchalla. Die Partie verlief ausgeglichen, bis sich nach einer Viertelstunde die größere Entschlossenheit der Gäste Bahn brach, nun unter Leitung von Mogensen. Der HSV blieb 13 Minuten ohne Tor, die SG setzte sich leicht ab. Etliche Chancen ließen die Flensburger dabei noch liegen, zum Teil durch technische Fehler und Fehlwürfe, aber auch durch seltsame Entscheidungen der Schiedsrichter gegen Kreisläufer Michael Knudsen, dem drei Aktionen im Angriff abgepfiffen wurden. Den spektakulären Schlusspunkt des ersten Durchgangs setzte Petar Djordjic mit einem sehenswerten Freiwurf durch die Hamburger Mauer zum 13:10.

Schon vier Minuten nach Wiederbeginn war der Vorsprung auf 16:11 angewachsen, nach 48 Minuten war beim 21:15 erstmals der Gleichstand in der Gesamtrechnung beider Spiele hergestellt. Hamburg wurde immer nervöser. Die Körpersprache der Flensburger signalisierte indes: Wir wollen zum Final4. "Es ist verrückt: die ganze Woche hatten wir darüber geredet, dass es so kommen kann", sagte HSV-Spieler Matthias Flohr, "und dann kommt es genauso. Das ist krass."

Die Hamburger retteten schließlich wenige schwache Momente der SG, als Djordjic und Glandorf an Bitter scheiterten. Im Gegenzug fielen die entscheidenden Kontertore durch Hans Lindberg zum 20:23 aus HSV-Sicht. In den letzten vier Minuten  hielten die Hamburger Stand, der SG blieb nur der diesmal bitter schmeckende Sieg, der um fünf Treffer zu niedrig ausfiel.