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SG zwischen Stolz und Ärger

(sh:z; Jan Wrege) Das war ein verheißungsvoller Auftakt in der Champions League: Die  SG Flensburg-Handewitt und der französische Meister Montpellier HB zeigten Handball auf höchstem europäischen Niveau, was Kampf, Technik, Taktik und Tempo angeht. Trotz der dürftigen Kulisse von 3414 Zuschauern knisterte es in der Campushalle wie in einem Finale und endete in einem verdienten 37:37 (19:18). Die Gastgeber durften sich über den gewonnenen Punkt gegen den Favoriten der Gruppe A  freuen und mussten sich gleichzeitig über den verpassten Sieg ärgern.

"Ich bin nicht unzufrieden", meinte SG-Trainer Ljubomir Vranjes, dessen Bilanz zwiespältig ausfiel. "Wir haben immerhin gegen eine der besten Mannschaften der Welt gespielt. Aber bei einigen meiner Spieler hat es nicht so gut funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe." Nach einem 4:0-Blitzstart der Flensburger und beim 8:3 (10.) deutete  noch alles auf einen Erfolg gegen den  skandalumwitterten Club aus Südfrankreich hin. Die Gäste schienen mit ihren Gedanken nicht beim Spiel, sondern bei der Wettaffäre (siehe auch überregionaler Sport) zu sein. Doch nach einem Ordnungsruf von Trainer Patrice Canayer zeigte Montpellier sein wahres Gesicht, spielte Routine und überragende Athletik aus.

"Solche Mannschaften bleiben eben cool, wenn sie fünf Tore hinten liegen. Die kennen ihre Möglichkeiten genau", registrierte Holger Glandorf, der ebenso wie seine Nationalmannschaftskollegen Lars Kaufmann und Steffen Weinhold erstmals Champions-League-Luft schnupperte. Dass die SG nach starken Beginn schwächelte, führte Glandorf auf die zwei Wochen Pause seit dem Bundesligaspiel in Hamburg zurück. "Dadurch haben wir etwas den Rhythmus verloren. Mitte der zweiten Halbzeit fehlte die Anspannung."

Die SG-Abwehr ging gegen den cleveren Spielmacher Erlend Mamelund, den brillanten Linksaußen Mathieu Grebille, das Muskelpaket William Accambray und den mit allen Abwassern gewaschenen Kreisläufer Issam Tej nicht aggressiv genug zu Werke. Die Torhüter Mattias Andersson und Sören Rasmussen hätten nach Vranjes' Geschmack ein paar Bälle mehr anfassen dürfen. Ansonsten ging der SG-Trainer nicht in die Einzelkritik. Jedoch dürfte ihm auch nicht alles gefallen haben, was Weinhold (fand nicht wirklich ins Spiel) und Kaufmann (pendelte extrem zwischen  Top und Flop) trieben.

Fast tadellos war hingegen der Auftritt von Neuzugang Arnor Atlason, der mit großem Selbstvertrauen in der Schlussphase die rettenden Tore erzielte. "Wenn man einen Lauf hat, muss man einfach weitermachen", sagte der Isländer, der in Kopenhagen Königsklassenerfahrung sammelte. "Das sind andere Gegner, andere Schiedsrichter. Es ist einfach schwerer als ein normales Ligaspiel. Heute war es wie ein Weckruf, dass die Champions League begonnen hat." Kapitän Tobias Karlsson richtet sich schon auf weitere Schlachten in der Vorrunde ein. "Ich glaube, es wird sehr eng. Wir haben eine der besseren Gruppen erwischt. Wir werden noch mehr Spiele wie heute erleben", meinte der Schwede.

Unmittelbar nach der Partie richtete sich der Fokus wieder auf die Bundesliga. Der unsägliche Spielplan sieht tatsächlich mal wieder einen Termin für die SG vor, morgen 17.30 Uhr, beim TV Großwallstadt. Die Flensburger sind mit erst drei Punktspielen deutlich im Rückstand, Berlin beispielsweise hat schon sieben HBL-Einsätze bestritten. Der Vizemeister wechselt in Aschaffenburg wieder in die Favoritenrolle, dennoch erwartet Vranjes heftige Gegenwehr vom noch sieglosen Tabellen-16. "Die werden kämpfen wie die Tiere. Wir müssen in der Abwehr ein bisschen aggressiver sein und genauso wie gegen Montpellier viel laufen."