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Montpellier HB

Zum Saison-Auftakt gleich ein Rekord: Montpellier HB landete beim überforderten Neuling Billere einen Rekordsieg. 50:24 hieß es am Ende, erstmals wurde in der französischen Liga die 50-Tore-Schallmauer durchbrochen. Es war ein gelungenes Jubiläumsgeschenk; denn der Renommierklub von der Mittelküste feiert in diesem Herbst sein 30-jähriges Bestehen. Es war 1982, als sich der Club als „Cosmos" gründete. Er gedieh dank des emsigen Präsidenten Jean-Paul Lacombre. Bevor dieser 1997 verstarb, erlebte er mit, wie sein Gewächs 1992 in die erste Division aufstieg und zu „Montpellier Handball" umfirmierte.

 

Patrice Canayer

Zu den Geburtstags-Feierlichkeiten würde es auch gut passen, wenn sich die Gruppenphase als Ouvertüre für ein tolles Jahr in der Champions League entpuppen würde. Seit dem unvergessenen Triumph von 2003 lief es in der Königsklasse für die Franzosen nicht mehr nach Wunsch. Eine Halbfinal-Teilnahme im Jahr 2005 war das Höchste der Gefühle. Einen emotionalen Tiefschlag beinhaltete auch die letzte Saison. Nach dem beachtlichen 24:23-Auswärtssieg beim THW Kiel zu Beginn der Gruppenphase fiel die Formkurve kontinuierlich und mündete in ein 20:36-Desaster beim FC Barcelona im Achtelfinale.

„Diesmal wollen wir in jedem Fall unter die besten Acht Europas", fordert Patrice Canayer und tippt: „Kiel, Barcelona und Veszprém sind meine Favoriten auf das Erreichen des Final Fours." Den vierten Platz lässt der Coach und General-Manager, der seit 1994 die große Konstante von Montpellier ist, bewusst frei. Schließlich betrachtet er sein Team als einen „Herausforderer", der in die Phalanx der Top-Klubs einbrechen könnte.

Torwart Primoz Prost

Der Klub aus der 250.000-Einwohner-Metropole am Mittelmeer ist seit Mitte der 90er Jahre das Nonplusultra im Handball Frankreichs. 14 Meisterschaften und elf Pokalsiege haben sich seitdem in der Vereinschronik angehäuft. In diesem Jahrtausend störten nur Chambery (2001) und Ivry (2007) kurzfristig den südfranzösischen Dauerjubel. Nun spürt man in Montpellier aber nicht nur den Küstenwind, sondern auch den Atem der nationalen Konkurrenz. „Der Olympiasieg und die Ankunft neuer Investoren wirkt sich positiv auf den französischen Vereinshandball aus", weiß Patrice Canayer.

Dem Lockruf des frischen Geldes von Paris Saint Germain folgten der erfahrene Serbe Mladen Bojinovic sowie Linksaußen Samuel Honrubia. Auch Torwart Richard Stochl (Chekhov) und Allrounder Rémi Salou (Tremblay) haben Montpellier verlassen. Die Qualität des Kaders scheint aber nicht gelitten zu haben – nicht nur wegen der Eröffnung eines neuen Fitness-Centers. Für den Rückraum fanden sich gleich drei namhafte Verstärkungen. Der Norweger Erlend Mamelund (Haslum) spielte schon für die HSG Nordhorn und auch die SG Flensburg-Handewitt (2009) in der Bundesliga. Für die Linkshänder-Position schlug Montpellier gleich zwei Mal zu. Nach dem Transfer des kroatischen Altmeisters Petar Metlicic (Celje) bediente man sich auch aus der Konkursmasse von Kopenhagen und verpflichtete den Spanier Cristian Malmagro. Die doppelte Aktivität kam nicht von ungefähr: Der ehemalige Kieler Vid Kavticnik hatte sich im März schwer am linken Knie verletzt und wird erst zur Rückrunde zurückerwartet.

Nikola Karabatic setzt sich durch.

Zuletzt operierte der französische Vorzeige-Klub mit einem Etat von 6,7 Millionen Euro. Das ist auch international vom Feinsten. Dementsprechend erlesen ist der Kader. Der Super-Star ist ganz klar Nikola Karabatic. Sein Stern war bereits ab 2000 am Mittelmeer aufgegangen. Dann schob er ein erfolgreiches Vier-Jahres-Intermezzo beim THW Kiel ein und ist seit 2009 wieder der MHB-Motor. Olympiasieg, Champions League, Europa- und Weltmeisterschaft – die bedeutendsten Titel im Handball hat das Rückraum-Ass bereits im Doppelpack errungen.

Kapitän der Mannschaft ist allerdings ein anderer: der slowenische Rechtsaußen Dragan Gajic. Sein Pendant auf dem linken Flügel ist Michael Guigou, der dienstälteste Akteur und neben Nikola Karabatic der einzige, der bereits beim Königsklassen-Triumph von 2003 kräftig mithalf. Lange dabei sind auch die beiden Tunesier: Issam Tej ist ein bulliger Kreisläufer, der in der Abwehr seine Ecken und Kanten hat. Wissem Hmam war die Entdeckung der Weltmeisterschaft 2005 in Tunesien. Nun ist er eine der Alternativen im linken Rückraum, zu denen auch der französische Shooting-Star William Accambray zählt. Im Tor ist der Slowene Primoz Prost die Nummer eins. Allerdings nur noch diese Serie: Dann wird Thierry Omeyer vom THW Kiel in seine Heimat zurückkehren.

Shooting-Star William Accambray

Montpellier darf sich bestens gewappnet fühlen, um den eigenen Slogan positiv auszuleben: „Neue Saison, neue Emotionen". Gleich in zwei Spielstätten sorgt der Fan-Club „Les Blue Fox" für eine besondere Atmosphäre. In der französischen Liga wird gewöhnlich im altehrwürdigen „Le Palais des sports René Bougnol" (3000 Plätze) gespielt, in der Champions League geht es vor bis zu 8500 Zuschauern in der modernen „Park&Suites Arena" um Punkte.