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Flensburg-Handewitt muss sich hinten anstellen

(sh:z; Jan Wrege) Den Verlierern blieb nur die Flucht in den Sarkasmus. "Nach Verletzten sind wir Derby-Sieger", meinte Dierk Schmäschke, Geschäftsführer der SG Flensburg-Handewitt, und sein Kapitän Tobias Karlsson stellte fest: "Es war ein gutes Spiel von uns, bis der THW Kiel nochmal vier, fünf frische Leute bringen konnte, als wir schon auf den Knien liefen." Da wirkte es etwas bemüht, als THW-Coach Alfred Gislason nach dem 34:27-Sieg im Landesduell der Handball-Bundesliga eigene Sorgen anführte, etwa, dass Christian Zeitz tags zuvor wegen Ellenbogenschmerzen kaum werfen konnte.

Zeitz erzielte am Mittwoch allerdings drei muntere Tore, während die SG-Stammkräfte Petar Djordjic, Lasse Svan Hansen und Michael Knudsen zum Zuschauen verurteilt waren und der am Knie verletzte Lars Kaufmann nur wenige Minuten spielte. Wie ein höhnischer Tritt des Schicksals kam noch der Ausfall von Florian von Gruchalla dazu. Der kurzfristig als Ersatz für Svan Hansen verpflichtete Rechtsaußen landete bei einem Sprungwurf auf dem Fuß seines Gegenspielers Dominik Klein und verdrehte sich den rechten Knöchel. Die Folge war eine schwere Kapsel- und Bandverletzung, der 23 Jahre alte von Gruchalla muss bis zu vier Wochen pausieren.

"Dazu habe ich gar keinen Kommentar. Ich weiß nicht, was ich sagen soll", bekannte SG-Trainer Ljubomir Vranjes. Er mochte nicht klagen, nicht über Ausfälle reden. "Wir haben gespielt mit allem, was wir haben. Es ist schwer, etwas aus dieser Situation zu machen." Das von der SG bevorzugte Spiel mit erster und zweiter Welle musste Vranjes fast auf Null zurückfahren, um Ressourcen zu schonen. "Das ärgert mich, das ist schade", sagte der SG-Coach. Es war zu ahnen, was der Vizemeister in voller Besetzung hätte ausrichten können. Die SG-Abwehr zeigte sich auch ohne Knudsen im Zentrum glänzend aufgelegt, zwang die Kieler ins Zeitspiel, was selten zu beobachten ist.

Vorn unterstrich Holger Glandorf, dass die Kieler zu seinen bevorzugten Gegnern gehören - er traf bis Mitte der zweiten Halbzeit, wie er wollte. "Ich hatte auch Glück, dass einige Bälle bei Omeyer durch die Hosenträger gingen", sagte der Linkshänder. Doch nach Ende des Spiels saß er noch lange mit leerem Blick auf der Bank, während sich die Halle leerte. "Ich war völlig platt", so Glandorf, der keine Pause mehr bekam, nachdem von Gruchalla aus dem Spiel war. Auch Arnor Atlason, Thomas Mogensen und Steffen Weinhold liefen längst auf Reserve - während die dank ihrer breit besetzen Bank noch frischen Kieler zu gewohnter Leichtigkeit fanden. Allen voran Zeitz, der wachsam Fehlpässe fischte und so den THW-Endspurt einleitete. Dominik Klein nannte einen weiteren Faktor: "Gut, dass wir Titi Omeyer hatten. Die bessere Torhüterleistung war mit ausschlaggebend für unseren Sieg."

Immerhin haben sich die Flensburger den Respekt ihrer Gastgeber erworben. Auch nach dem 14. Derbytriumph in Folge betrachten die Kieler Siege über den Erzrivalen nicht als selbstverständlich. "Die letzten zehn Tage hatte ich nur vier Leute im Training. Da weiß man nicht, wo man wirklich steht", meinte Gislason und hob hervor, dass die SG "in den letzten Jahren eine absolute Spitzenmannschaft geworden ist". So waren die Kieler heilfroh, dass sie mit dem Sieg den furiosen Rhein-Neckar Löwen auf den Fersen blieben. Es scheint, als sollte Kiel vs. Mannheim zum Duell der Saison werden. Die Flensburger stellen sich zunächst hintenan, jedoch nicht ohne den Hinweis auf langfristige Ziel: "Irgendwann wollen wir ganz oben sein - da, wo Kiel jetzt ist", sagte Vranjes.