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Unglückliches Ende einer langen Reise

(sh:z; Jan Wrege) Das war am Ende doch zu viel. Die SG Flensburg-Handewitt verdiente sich höchste Anerkennung für eine Energieleistung, musste die Mannheimer SAP-Arena aber mit leeren Händen verlassen. "Riesenrespekt für die Moral und den Kampfgeist, den meine Mannschaft gezeigt hat. Aber es ist eine Enttäuschung, nachdem es so lange her ist, dass wir ein Punktspiel verloren haben", sagte Trainer Ljubomir Vranjes nach der 27:30-Niederlage bei den Rhein-Neckar Löwen, die damit die Tabellenspitze der Handball-Bundesliga eroberten. Die SG wurde in der Eliteklasse erstmals seit dem 7. Februar (29:31 in Lemgo) besiegt.

"Die Körper und Köpfe meiner Spieler sind jetzt ganz leer. Sie haben wirklich alles gegeben", meinte Vranjes, der seinen Leuten nach der Ankunft gestern früh nach weiteren 600 Kilometern im Bus einen Tag Freizeit verordnete: "Sie müssen Energie tanken." Das mörderische Programm mit vier Auswärtsspielen in zehn Tagen hatte am Dienstag seinen Tribut gefordert. "Das kannst du nicht mehr wegstecken. Anderen Mannschaften ist es ja schon ähnlich ergangen. Berlin, Hamburg und die Rhein-Neckar Löwen hatten auch Probleme, als sie neu in die Champions League kamen", sagte Vranjes.

Die Belastung für die SG in diesen Tagen wurde durch unglückliche Umstände zusätzlich verschärft. Der Spielplan sah für den 3. Oktober ursprünglich ein Heimspiel vor, doch die Flensburger mussten mit Wetzlar Hin- und Rückspiel tauschen, weil Peter Maffay die Campushalle für Proben zur "Tabaluga"-Aufführung besetzte. Auch in Belgrad stand zum CL-Spiel gegen Partizan die Halle nicht zur Verfügung, wodurch noch eine Bus-Tour ins 240 Kilometer entfernte Nis notwendig wurde. Dort tobte vor dem Spiel auf den Rängen eine Schlacht zwischen verfeindeten Hooligans aus Belgrad und Nis. "Wir haben die Schlägerei gesehen, Schüsse gehört und erlebt, wie Leute fünf Meter tief von der Obertribüne gesprungen sind. Das war ziemlich heftig", berichtete Vranjes. Eindrücke, die die Konzentration auf das Wesentliche nicht gerade fördern. Bedingt durch Wünsche der Sender Eurosport und Sport1 lagen zwischen den Spielen in Nis und Mannheim nur 49 Stunden. Hinzu kam eine Flugverspätung auf dem Weg nach Frankfurt, weswegen das Training am Montag ausfallen musste.

Da ist es nicht verwunderlich, dass in einigen Momenten der intensiven Partie am Dienstag die geistige Frische fehlte. "Die ersten zehn Minuten haben wir verschlafen. Dann sind wir aber auf ein gutes Niveau gekommen. Nur in einigen Sequenzen haben wir nicht gut ausgesehen", stellte Vranjes fest. Das galt insbesondere für den Angriff, in dem sich nicht nur Lars Kaufmann zwischen Himmel und Hölle bewegte. Auch Anders Eggert, in Nis noch 13facher Torschütze, und Michael Knudsen ließen in entscheidenden Situationen große Chancen aus. Pech für die SG, dass Löwen-Keeper Goran Stojanovic, der kalt für den angeschlagenen Niklas Landin gekommen warm, in den letzten Minuten fast unbezwingbar war.

"Leider haben wir ein paar Fehler zu viel gemacht - das darf man sich gegen eine Mannschaft, die einen Lauf hat, nicht erlauben", meinte Holger Glandorf. In der Vorsaison waren die Löwen in ähnlicher Situation noch gekippt, inzwischen strahlt das Team aber einen anderen Geist aus - erstaunlich, was der Austausch einiger Figuren und richtige Personalentscheidungen wie die für Alexander Petersson und Kim Ekdahl du Rietz bewirken können.

Dennoch waren die Gastgeber heilfroh, den Härtetest erfolgreich überstanden zu haben. "Wir hatten Glück. Es hätte auch anders ausgehen können", sagte Manager Thorsten Storm. Schließlich fand auch Vranjes noch Positives: "Das war ja kein Spiel, wo man einfach so zwei Punkte holt. Gegen die Löwen kann man verlieren." Viel ärgerlicher wäre es gewesen, wenn man die Punkte in den Wirrnissen dieser Tage an anderer Stelle hätte liegen lassen.