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Wieder Freude am Handball

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Gegensätzlicher hätte die Gemütslage der Trainer nicht sein können. "Die Pause hat uns gut getan, die Mannschaft hat wieder Freude am Handball", stellte Ljubomir Vranjes mit einem zufriedenen Lächeln fest. "Es gibt Tage, da ist es das Beste, man bleibt ruhig und schweigt. Aber es wird einige Einzelgespräche geben", kündigte Kai Wandschneider nach der deutlichen 27:36 (13:20)-Niederlage seiner HSG Wetzlar bei der SG Flensburg-Handewitt an.

Während die Hessen sich damit endgültig ins graue Mittelmaß der Handball-Bundesliga verabschiedeten, buchte die SG wichtige Zähler im Kampf um die Champions League  Plätze.  Der Rückstand auf den Tabellenzweiten Rhein-Neckar Löwen beträgt nach deren Unentschieden in Lemgo nur noch zwei Punkte, der Vorsprung auf den Tabellenvierten Füchse Berlin, der in Balingen ebenfalls einen Punkt einbüßte, jetzt schon beruhigende vier Zähler.

Nur neun Minuten hatte eine am Mittwoch Abend bärenstarke SG benötigt, um die Siegeshoffnungen der HSG Wetzlar in totale Depression zu verwandeln. 6:4 hatten die Hessen nach zwölf Minuten in Front gelegen, waren dann aber immer wieder an der Betonabwehr der SG gescheitert und von Kontern   überrollt worden. Wandschneider hatte mit einer Auszeit nach dem 9:6 versucht, den Flensburger Angriffswirbel zu stören. Vergeblich. "Danach haben wir noch mehr Fehler gemacht." Die Folge: 13:6 für Flensburg nach 21 Minuten, das Spiel war frühzeitig entscheiden.

Danach kontrollierte die SG die Begegnung nach Belieben, lag immer mit sechs bis zehn Toren in Führung und konnte im zweiten Durchgang durchwechseln. "Das hat natürlich Kraft gespart", freute sich Lasse Svan Hansen. "Wir haben uns im Positionsspiel gegen die aggressive SG-Deckung aufgerieben", konstatierte hingegen Wandschneider. "Flensburg war heute eine Klasse besser  in der Dynamik und der Wurfgenauigkeit."

Diesen Satz registrierte der SG-Coach mit Genugtuung. Auch Vranjes hatte einen starken Auftritt seines Teams gesehen: "Die Abwehr war sehr gut, im Angriff war  Spritzigkeit da. Die Mannschaft hatte Freude am Spiel." Vor allem Holger Glandorf: Der Linkshänder bot in den ersten 21 Minuten eine sehenswerte Show und hatte mit sieben Treffern entscheidenden Anteil an der klaren Führung der SG. Wie immer auf hohem Niveau spielten vorn auch Thomas Mogensen und Lasse Svan Hansen, während in der Defensive einmal mehr Verlass auf Torhüter Mattias Andersson und den Mittelblock mit Tobias Karlsson und Jacob Heinl war. Letzterer verdiente sich ein Sonderlob vom Trainer. "Wie er hinten und vorne 60 Minuten lang geackert hat, ist schon der Wahnsinn", sagte Vranjes.

Einen Superjob machte aber auch Olafur Gustafsson. Der 23-jährige Isländer, der um eine Vertragsverlängerung bei der SG kämpft ("Natürlich möchte ich bleiben")  degradierte in der Abwehr Nationalspieler Michael Müller zum Statisten und steuerte fünf Treffer bei sechs Versuchen zum Erfolg bei. "Er kann mit dem Vertrauen, das wir ihm geben, offenbar umgehen", lobte Vranjes, der angekündigt hatte, Gustafsson mehr Spielanteile zu geben, damit er sich empfehlen kann. Der Isländer war "zufrieden" mit seiner Leistung, hatte aber nicht damit gerechnet, von Beginn an zu spielen. "Ich hatte noch meinen Sweater an, als Ljubo eine Minuten vor dem Spiel sagte 'Ole, du fängst doch an'. Das hatte ich nicht verstanden." Jetzt weiß er, was dieser Satz bedeutet.

Christopher Rudeck hingegen war froh, überhaupt gespielt zu haben. Der 18-jährige Keeper war nach der Oberschenkelverletzung von Sören Rasmussen in den Kader gerückt und hatte gehofft, "vielleicht bei einem Siebenmeter eingewechselt zu werden".  Wurde er in der 51. Minute auch -  und blieb bis zum Schlusspfiff zwischen den Pfosten. Fünf Gegentore - drei Paraden, lautete seine Bilanz. Das freute den Trainer: "Christopher ist nicht nervös und macht sein Ding. Er hat es sehr gut gemacht." In den nächsten Wochen wird Rudeck weiter zum Kader gehören, denn Ramussen wird drei bis vier Wochen ausfallen. Das heißt, am Wochenende fährt der Jugend-Europameister auch mit zum Champions League Spiel nach Velenje. Davon hätte Rudeck vor vier Wochen nicht zu träumen gewagt  - und will "diese Zeit  genießen."