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THW Kiel

Dieser Eintrag in die Rekordbücher der DKB Bundesliga ist wohl für die Ewigkeit. 585 Tage blieb der THW Kiel in der stärksten Spielklasse der Welt ungeschlagen, sammelte dabei unglaubliche 101:1 Punkte. Doch jede Serie hat zwangsläufig auch diese Eigenschaft: Irgendwann endet sie. Für den deutschen Rekordmeister kam dieser Zeitpunkt am 9. Dezember. Mit 25:29 unterlag er der MT Melsungen, die noch vier Tage zuvor bei der SG Flensburg-Handewitt keinen Stich gelandet hatte. „Wir haben nicht 100 Prozent gegeben, wir dachten es geht von allein", sah Linkshänder Christian Zeitz in der Gewohnheit des Siegens einen Grund für die unerwartete Niederlage. Nun schlich die „Zebra-Herde" mit hängenden Köpfen über das Parkett der Sparkassen-Arena.

Es hatte sich schon in den Wochen davor angedeutet, dass auch der THW eine so strahlende Saison wie die letzte nicht nach Belieben wiederholen kann. 68:0 Punkte in der DKB Bundesliga, dazu die VELUX EHF Champions League und der DHB-Pokal – erfolgreicher geht es nimmer. Seit Sommer zeigte sich, dass auch die Kieler schlagbar sind. In Berlin büßten sie einen Zähler ein, in der Königsklasse kehrten sie aus Veszprém und Celje mit leeren Händen zurück, die Vereins-WM „Super Globe" ging an Atletico Madrid – und dann gab es noch den „Unser Norden-Cup", das eigene Vorbereitungsturnier. Erstmals marschierte ein Gast als Sieger davon: die SG. Die Spiele hatten zwar nur Test-Charakter, einen netten Beigeschmack hatten sie dennoch.

Die letzte Serie war für den THW Kiel unglaublich.

Der Eindruck soll nicht täuschen: In der letzten Zeit gab es auch Demonstrationen der Kieler Vormachtstellung. So schlug der Rekordmeister den derzeit einzigen Mitstreiter Rhein-Neckar Löwen in dessen Arena mit 28:17 so deutlich, dass sofort in vielen Interviews die vermeintliche Langeweile in der Liga thematisiert wurde. „Die Frage sollte man nicht uns, sondern der Konkurrenz stellen", meinte Rückraum-Ass Filip Jicha. „Ich gehe doch nicht aufs Spielfeld und verliere ein Spiel, nur damit anderen nicht langweilig wird. Ich bin Sportler, ich hasse es zu verlieren."

Ein anderes denkwürdiges Beispiel: Der HSV Hamburg führte Ende Oktober nach fast 50 Minuten mit 28:23. THW-Trainer Alfred Gislason bat zur Auszeit, während die Hanseaten schon sehr siegessicher wirkten. In einer als 5:1-System agierenden THW-Deckung machte Spitze Flip Jicha immer wieder einen langen Arm, stibitzte den Ball und rannte den nächsten Gegenstoß. „Dieser verrückte Tscheche“, staunte Mannschaftskollege Dominik Klein. „Wie der noch die letzten Reserven aus sich herausgeholt hat – unglaublich.“ Unglaublich war auch das Endergebnis: 30:33.

Wird immer stärker: Aron Palmarsson.

Wie dem auch sei: Es gibt veränderte Vorzeichen im Vergleich zum Vorjahr. Damals war der Kader in unveränderter Besetzung an der Start gegangen, jetzt tummeln sich beim Training stets fünf Neuzugänge. Gudjon Valur Sigurdsson (AG Kopenhagen) ist der prominenteste. Ein routinierter isländischer Linksaußen, dessen Charakter Landsmann Alfred Gislason schon lange schätzt. Linkshänder Marko Vujin (MKB Veszprém) kam mit Vorschusslorbeeren, zeigte zuletzt aufsteigende Tendenz.

Die beiden jungen Kreisläufer René Toft Hansen (AG Kopenhagen) und Patrick Wiencek (VfL Gummersbach) sollen von der Erfahrung des Kapitäns Marcus Ahlm profitieren, der sich in seiner zehnten und letzten Saison beim THW befindet. „Ich kann sicherlich den einen oder anderen Tipp geben. Ich denke aber überhaupt nicht daran, auf Spielanteile zu verzichten“, sagt der Routinier. Last but not least schlugen die „Zebras“ im Spätsommer nochmals auf dem Transfermarkt zu und losten aus der Konkursmasse von AG Kopenhagen mit Niclas Ekberg einen zweiten Rechtsaußen an die Kieler Förde. Kurzum: Das THW-Aufgebot ist wieder allerbeste Sahne.