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Vizemeister gibt eine Lehrstunde

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Das war ein Auftakt nach Maß für die SG Flensburg-Handewitt in der Handball-Bundesliga. Zunächst gab  es Blumen für die Silbermedaillengewinner Mattias Andersson und Tobias Karlsson, dann ein 40:20 (21:6) über Aufsteiger TuSEM Essen und als I-Tüpfelchen die Verpflichtung von Arnor Atlason als Djordjic-Ersatz (siehe unten).  Kein Wunder, dass Trainer Ljubomir Vranjes beste Laune hatte. "Heute bin ich sehr zufrieden", gestand der 38-jährige Schwede. "Besonders in der ersten Halbzeit waren wir zu 100 Prozent konzentriert. Torwartspiel, Abwehr und Gegenstoß - das war alles in Ordnung", lobte der Coach.

Völlig anders war  die Gefühlslage bei Maik Handschke. "Dass wir in Flensburg verlieren werden, damit war zu rechnen", meinte Essens Trainer. "Aber die Art und Weise war schon bitter. Besonders in der ersten Hälfte haben wir für unsere Naivität viel Lehrgeld gezahlt." Physisch und konditionell unterlegen, technisch und taktisch arg limitiert - der Neuling war in den 60 Minuten total überfordert. "Als wir gleich die ersten zwei Chancen gegen Andersson vergeben haben, sind wir nervös geworden und haben den Glauben an uns verloren", analysierte Handschke. So kam, was kommen musste. Eine Flensburger Mannschaft, die vor der Pause  ungemein aufs Tempo drückte, überrannte den Aufsteiger förmlich. 4:0 stand es nach sechs Minuten, 11:3 nach 16 Minuten und beim 15:5 in der 19. Minute hatten die Gastgeber bereits zehn Tore Vorsprung. "Ich weiß gar nicht, wie viele Angriffe Thomas und ich normal im Spiel Sechs gegen Sechs aufgebaut haben", sagte Neuzugang Maik Machulla, "wir sind doch fast nur Gegenstöße und zweite Welle gelaufen, weil die Abwehr super gestanden hat." Und weil Torhüter   Andersson  wieder einmal in Topform war. Ganze sechs Gegentreffer ließ er vor der Pause zu, "kaufte" den Gästen auch noch zwei Siebenmeter ab.  "Da hat bei uns fast alles geklappt", meinte Linksaußen Anders Eggert.

Dass es nach der 21:6-Führung im zweiten Durchgang nicht so weiter gehen würde, wurde jedoch schnell klar. Die Gastgeber waren nicht mehr ganz so konzentriert, zudem nahm Vranjes einige taktische Änderungen vor, spielte unter anderem mit zwei Kreisläufern. "Das hat noch nicht zu 100 Prozent geklappt, aber das werden wir auch in Zukunft machen", erläuterte Vranjes. Der Trainer ließ nach der Pause  viel rotieren und gab auch den Youngstern Malte Voigt und Morten Dibbert Einsatzzeiten. Zwar verkürzte der TuSEM bis zur 41. Minute auf 16:26, doch dann hatte die SG ihre kurze "Auszeit" überwunden und zog wieder auf und davon. Die beiden Youngster blieben dabei ohne Torerfolg. Dennoch war Vranjes froh, "dass so viele Spieler Tore gemacht haben".

In besonderer Torlaune präsentierten sich dabei drei SG-Akteure. Torjäger Anders Eggert war mit zehn Treffern wieder einmal der erfolgreichste SG-Werfer und verwandelte dabei alle sieben Strafwürfe traumwandlerisch. Mit neun Toren stellte Lars Kaufmann unter Beweis, dass er zum Start seiner  zweiten SG-Spielzeit topfit ist. Im Vorjahr hatte er wegen einer komplizierten Daumenverletzung eine   lange Anlaufzeit gebraucht. Doch den meisten Beifall erhielt Holger Glandorf. Acht Würfe, acht Tore - besser geht es nicht. "Es war überhaupt nicht zu sehen, dass Holger drei schwere Fußoperationen hinter sich hat", staunte Machulla. Doch Glandorf trat auf die Euphoriebremse. "Es macht mir Spaß wieder Handball zu spielen, darauf habe ich mich Monate lang gefreut. Aber ich bin noch nicht wieder der Alte. An der Ausdauer muss ich weiter hart arbeiten."

Erstes Saisonspiel und gleich die magische 40-Tore-Marke geknackt, so kann es weiter gehen. Die gesamte SG-Bank sprang auf, als Maik Machulla in der Schlussminute den Endstand markierte. Wer den 40. Treffer erzielt, muss bei der SG einen Kasten Bier spendieren. Das ist Gesetz. Doch das war Machulla egal. "Es war einfach nur geil, heute endlich hier spielen zu dürfen", sagte der 35-Jährige. "Da gebe ich gern einen Kasten aus."