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TUSEM Essen

„Wunder gibt es immer wieder", sang einst Katja Ebstein. Der Evergreen hat nichts an Aktualität eingebüßt und genießt derzeit rund um den Essener Sportpark „Am Hallo" Hochkonjunktur. Der Traditionsklub TUSEM ist in die Bundesliga zurückgekehrt. Allerdings nicht mit gewaltigem Getöse, sondern großer Bescheidenheit. Der Klassenerhalt gilt als Traumziel. „Wenn das klappt, wäre es wunderschön und genauso sensationell wie unser Aufstieg", sagt Trainer Maik Handschke. „Der Sprung in die Bundesliga kam eigentlich ein oder zwei Jahre zu früh."

Bei seinen Worten schweifen seine Augen über die Mannschaftsaufstellung. Der Altersdurchschnitt von 23 Jahren ist sehr jung, kaum einer verfügt über Bundesliga-Erfahrung. Und wer doch einst einige Schritte auf dem Bundesliga-Parkett wagte, absolvierte nicht mehr als einen „Schnupperkurs". Rechtsaußen Ole Rahmel etwa stagnierte beim VfL Gummersbach auf der Talentstufe, wurde zuletzt beim TUSEM prompt Zweitliga-Torschützenkönig. Der Halblinke Fabian Böhm gilt mit seinen 23 Jahren als Hoffnungsträger, weil er in den letzten Serie mit dem Bergischen HC den Abstiegskampf kennenlernte. Und Kreisläufer André Kopp war einst Reservist beim TBV Lemgo, nun ist er mit knapp 28 Jahren der drittälteste Akteur und Kapitän.

Der „Oldie" steht im Tor. Der Tscheche Jan Kulhanek schloss sich Anfang 2009 den Westdeutschen an. Damals hatte der Klub gerade seine zweite Insolvenz nach 2005 zu verdauen, tingelte mit Talenten und mehreren britischen Nationalspielern chancenlos durch die Bundesliga-Hallen. Es war die Zeit des großen Umdenkens. Die Zeit, als man die großen Erfolge der Vergangenheit, darunter drei deutsche Meisterschaften sowie drei Europapokale, in die Annalen verbannte und auf eine jugendliche Gegenwart vertraute. „Wir wollen im Wesentlichen mit jungen Spielern aus der Region die Bundesliga in Angriff nehmen", sagt Maik Handschke. „Dieses Konzept trage ich mit." Seit Sommer 2010, als er auf der Margarethenhöhe anheuerte.

Der TUSEM geht in das Abenteuer mit einem überschaubaren Etat von 1,7 Millionen Euro, der keine spektakulären Neuverpflichtungen zuließ. Nur Mitaufsteiger TV Neuhausen backt noch kleinere Brötchen. „Aber wir beklagen uns nicht, die 1,7 Millionen Euro haben wir und diese sind verplant", sagt Geschäftsführer Dr. Niels Ellwanger, ein ehemaliger Kanute, der seit der Insolvenz vor knapp vier Jahren die Finanzen streng beobachtet. Die zweite prägende Kraft im Umfeld ist der sportliche Leiter: Stefan Krebietke, von 1996 bis 2004 als Linksaußen auf dem Spielfeld. Der 40-Jährige hatte Erfolg mit seiner Personalpolitik, die vom Vorstoß in die Eliteklasse gekrönt wurde.

In Essen ist man der Überzeugung: Etliche Spieler sind noch lange nicht am Limit angekommen. Sie sollen in der neuen sportlichen Umgebung reifen. „Ich weiß, was in der Liga abgeht", sagt Maik Handschke, bis 2003 selbst aktiver Erstliga-Spieler. Er glaubt, die Jungspunde bei der Herausforderung gut begleiten zu können. Und wenn es dennoch nicht reichen wird? Dann dürfte niemand in Essen in Panik verfallen. „Wir haben den Abstieg zwar nicht einkalkuliert", erklärt Maik Handschke. "Aber die Verträge laufen zum Großteil über diese Saison hinaus." Im Klartext: Das Team soll auch nach einem möglichen Abstieg nicht auseinanderbrechen und aufgrund eines eingetretenen Lernprozesses 2014 stark genug für den Wiederaufstieg sein. Dann wäre man im ursprünglich anvisierten Zeitplan. Aber wer weiß: Vielleicht kommt ja auch alles anders. Wunder gibt es immer wieder…