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Trotz Heimblamage im Halbfinale

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Es hätte ein schöner, entspannter Sonntag mit der Familie oder Freunden werden können. Stattdessen stand gestern Training auf dem Plan. Die Extra-Übungseinheit hatten sich die Spieler der SG Flensburg-Handewitt selbst eingebrockt. Der Tabellendritte der Handball-Bundesliga hatte zwar das Halbfinale im Europacup der Pokalsieger erreicht, sich aber nach dem 39:30-Hinspielerfolg gegen den HC Motor Saporoschje eine peinliche Vorstellung und eine 27:32 (15:16)-Niederlage in eigener Halle geleistet. "Das einzig Positive war, dass wir die nächste Runde erreicht haben", meinte Trainer Ljubomir Vranjes.

Im Vorfeld des Viertelfinal-Rückspiels hatte der Trainer bei seiner Mannschaft mehrfach "Respekt vor dem Gegner und den Zuschauern" eingefordert. "Doch davon war heute nichts zu sehen", meinte in verärgerter Vranjes. Der SG-Coach suchte die Schuld für den indiskutablen Auftritt gegen den Tabellenzweiten aus der Ukraine aber nicht nur bei seinen Spielern, sondern auch bei sich selbst. "Es war mein Fehler, dass es so gelaufen ist", sagte der 38-Jährige. Er hatte nach den Strapazen der vergangenen Wochen Kräfte schonen wollen bei seinen am stärksten belasteten Akteuren. Doch die Rotation im Team war nach hinten los gegangen. "Es läuft nicht zu 100 Prozent, wenn einige andere mehr spielen. Das Spiel heute war eine weitere Bestätigung für diese These", betonte der Schwede.

In der Tat war die SG im Vergleich zum letzten Auftritt in der Handball-Bundesliga beim TuS N-Lübbecke  nicht wieder zu erkennen. Keine Aggressivität und Beweglichkeit in der Abwehr, keine Struktur und unkonzentrierte Würfe im Angriff. "Wir haben geglaubt, das Ding mit 70 Prozent gewinnen zu können. Wir hatten keine Einstellung zum Gegner, keine Ausstrahlung", meinte Kreisläufer Michael Knudsen selbstkritisch. "Das darf nicht sein."

Dabei war schnell klar geworden, dass Saporoschje nicht nach Flensburg gekommen war, um sich aus der Campushalle schießen zu lassen. Die Ukrainer hatten ihre Lehren aus der Hinspielniederlage gezogen, die Abwehr umgebaut und viel aggressiver gedeckt. So gingen die Gäste bereits in der ersten Hälfte mehrfach in Führung, lagen mit 9:7 (17.), 15:13 (29.) und zur Pause mit 16:15 vorn. Im zweiten Durchgang gab Motor die Führung nicht mehr aus der Hand, schien beim 26:20 (46.) sogar auf dem Weg zu einer Sensation. In den nächsten zehn Minuten rissen sich die Flensburger zusammen, verkürzten auf 27:28 (56.), stellten danach das Handballspielen aber wieder ein.

"Ich war sicher, dass wir in Flensburg gewinnen", meinte HC-Trainer Nikolaj Tschigarev. Der ehemalige russische Nationaltrainer ging sogar noch weiter: "Wenn die Schiedsrichter nicht parteiisch gewesen wären und nur uns die Zeitstrafen gegeben hätten, wäre es sogar möglich gewesen, hier mit mehr als neun Toren zu gewinnen." Mit dieser Meinung stand Tschigarev jedoch allein da. Die Schweizer hatten gegen die passive SG-Abwehr lediglich drei gelbe Karten verhängt. Eine Zeitstrafe hatte sich an diesem Abend auch kein SG-Akteur "verdient", dazu hätte er nämlich Einsatzbereitschaft zeigen müssen.
"Über diese Leistung müssen wir nicht reden. Das war nicht in Ordnung", befand SG-Kapitän Tobias Karlsson. "Vom Torwart bis zum Linksaußen sollte jeder darüber nachdenken, mit welcher Einstellung er ins Spiel geht." Holger Kaiser blickte bereits auf das nächste Bundesliga-Heimspiel gegen den SC Magdeburg (Die. 20.15 Uhr). "Das war hoffentlich der nötige Weckruf", meinte Holger Kaiser und versuchte, die Mannschaft wieder aufzubauen: "Ich bin überzeugt, sie wird am Dienstag wieder ein anderes Gesicht zeigen."