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Reise härter als der Gegner

(Flensborg Avis; Ruwen Möller) Selbst für die vielen Familienväter im Team der SG Flensburg-Handewitt war die Abfahrtszeit von 3.45 Uhr in der Nacht zu gestern eine ungewohnt frühe Angelegenheit. Von den jungen Kerlen wie Petar Djordjic oder Malte Voigt, der mit auf die Europacupreise in die Ukraine genommen wurde, ganz zu schweigen. Mit zugekniffenen Augen betrat der SG-Tross den Mannschaftsbus vor der Handewitter Wikinghalle und machte sich auf den Weg nach Hamburg. Aus der Hansestadt ging es mit dem Flieger über Wien in das über 2000 Kilometer entfernte Dnipropetrovsk. Von hier aus wurden die letzten 100 Kilometer nach Zaporozhye wieder mit einem Bus bewältigt. In der sechstgrößten Stadt der Ukraine trifft die SG heute um 16 Uhr (17 Uhr Ortszeit) auf den lokalen Klub HC Motor Zaporozhye. Es ist das Viertelfinal-Hinspiel im Europapokal der Pokalsieger, den die Flensburger im Jahr 2001 gewonnen haben.

Sieben Jahre später im November reisten die Norddeutschen bereits einmal nach Zaporozhye. In der Champions League hieß der Gegner damals ZTR, Lokalrivale vom HC Motor. Die SG gewann knapp 27:26. Mit dabei waren aus der heutigen Flensburg-Truppe damals die aktuellen Europameister Thomas Mogensen, Lasse Svan Hansen, ihr Landsmann Michael Knudsen, der derzeit verletzte Jacob Heinl sowie SG-Trainer Ljubomir Vranjes - seinerzeit noch als aktiver Spieler.

"Zaporozhye hat zwei gleichwertige Torhüter, sie machen wenig Fehler, spielen diszipliniert und das mit einer typisch russichen Spielweise. Es gibt viele Schlagwürfe doch sie sind so gut, sie hätten genau wie wir auch gegen Pler und Karvina gewonnen", sagt Vranjes, über den Gegner, der sich in der 3. Runde des Wettbewerbs ausgerechnet gegen den Lokalrivalen ZTR durchsetzen konnte. In der heimischen Superliga rangiert Motor als Zweiter aktuell ebenfalls vor dem Stadtnachbarn.

Über zwei Partien gesehen glaubt Vranjes fest an ein Weiterkommen. Daher ist es auch weniger der Gegner als die lange Reise, die ihm Kopfzerbrechen bereitet. "Es ist ein Nachteil, dass wir um drei Uhr nachts aufstehen müssen und dann einen ganzen Tag reisen müssen", so Vranjes, der mit seinem Team erst morgen Abend wieder in Handewitt ankommt. "Wir werden uns womöglich in Zaporozhye durchsetzen, doch am Mittwoch geht es in der Bundesliga nach Lübbecke und dort werden wir die Müdigkeit spüren". Nach dem Sieg gegen den HSV kann sich die SG die aber kaum Leisten und muss daher laut Vranjes sowohl in der Ukraine als auch in der Bundesliga "konzentriert zu Werke gehen".

Der Trainer kündigt an: "Natürlich wollen wir in Zaporozhye gewinnen, aber ich muss einfach berücksichtigen, dass wir Mittwoch wieder ran müssen. Daher werde ich die Belastung etwas mehr verteilen." Darüber dürften sich vor allem Holger Glandorf, der zuletzt ein Ländersiel auf Grund von Fersenproblemen abgesagt hatte, und sein Landsmann Lars Kaufmann besonders freuen. Im Gegensatz zu Glandorf war Kaufmann in der vergangenen Woche mit dem Nationalteam unterwegs und stieß erst gestern wieder zur SG, was laut Vranjes "nicht optimal", ja sogar "eine Katastrophe" war.

Während die Vorfreude bei den Norddeutschen auf die Europacupreise also eher gedämpft ist, werden sie in der fernen Ukraine bereits sehnsüchtig erwartet. "Flensburg sehe ich auf Platz zwölf bis 16 in Europa", so Motor-Trainer Nicolai Chigarev. "Eine solche Aufgabe kommt genau richtig, um uns weiterzuentwickeln."