Stripes
Stripes
Archiv

Sergio Ruiz Casanova: „Die Chancen stehen 40:60"

Sergio Ruiz Casanova weiß, wie sich ein Europapokal anfüllt. 2005 gewann er mit TUSEM Essen den EHF-Cup. Der spanische Spielmacher spielte eine ganze Dekade in Deutschland. Nach fünf Jahren beim ehemaligen Erstligisten ThSV Eisenach folgten viereinhalb Jahre bei TUSEM Essen. Nachdem die Westdeutschen Insolvenz angemeldet hatten, wechselte der Rechtshänder für eine halbe Saison zum TuS N-Lübbecke. Seit 2009 steht er im Aufgebot von BM Aragon. Die Redaktion sprach mit dem 34-Jährigen.

Im Halbfinale des Europacups der Pokalsieger geht es gegen die SG Flensburg-Handewitt. Als Sie von diesem Los hörten: Haben Sie sich gleich an ihre Zeit in Deutschland erinnert?
Sergio Ruiz Casanova: Natürlich. Wenn man zehn Jahre in Deutschland gespielt hat, freut man sich, mal wieder nach Deutschland zu kommen. Vor zwei Jahren hatten wir den TBV Lemgo erwischt. Leider verloren wir diese Partie. Und wenn ich ehrlich bin: Ich wäre diesmal lieber nach Gummersbach gefahren – weil Flensburg stärker ist.

In Ihrer Deutschland-Zeit waren Sie häufig der einzige Spanier in der Bundesliga. Im Moment spielen mit Iker Romero und Carlos Prieto nur zwei spanische Profis in der deutschen Spitzenklasse. Gehen Spanier nicht gerne ins Ausland?
Sergio Ruiz Casanova: Es stimmt schon: Spanier bleiben gerne in der Heimat, weil sie familiäre Menschen sind und ihr gewohntes Umfeld lieben. Zuletzt hat sich die finanzielle Situation in der Liga Asobal aber verschlechtert. Bei den Top-Klubs FC Barcelona und Atletico Madrid kann man zwar noch sehr gut verdienen, bei den anderen Verein sieht es längst anders aus. Jetzt können sich mehrere Spieler vorstellen, nach Deutschland zu gehen, falls sie ein Angebot erhalten sollten.

Was hatte bei Ihnen damals den Ausschlag für einen Wechsel nach Deutschland gegeben?
Sergio Ruiz Casanova: Ich bin jemand, der auch einmal etwas Neues probiert. Außerdem hatte ich meine Frau kennengelernt. Sie ist Deutsche. Ich bin mit ihr nach Deutschland gegangen und bin vor allem wegen ihr ein Jahrzehnt geblieben. Sie wollte Karriere machen und Kinder kriegen. (schmunzelt) Und das braucht seine Zeit.

2009 ging es dann aber doch zurück. Wie sind Sie nach Aragon gekommen?
Sergio Ruiz Casanova: Ich hatte mit meiner Frau gesprochen und habe dann meinem Berater Wolfgang Gütschow mitgeteilt, dass ich einen Verein in Spanien suche. Es war gar nicht so einfach. Zwischenzeitlich hatte ich schon daran gedacht, doch in Deutschland zu bleiben. Es war schon August, also kurz vor der Saison, als sich Aragon doch noch dazu entschieden hatte, einen weiteren Spielmacher zu verpflichten. Damit war ich zufrieden. Schließlich handelte es sich um einen Klub, der sich weiter oben in der Liga Asobal positioniert hat.

BM Aragon steht erst zum ersten Mal seit drei Jahren wieder in einem Europapokal-Halbfinale. Ist in Saragossa eine Euphorie zu spüren? Wie viele Zuschauer werden kommen?
Sergio Ruiz Casanova: In Spanien mögen die Menschen den Europapokal. Gegen Flensburg rechnen wir mit bis zu 7000 Zuschauern. Saragossa hat die größte Halle in der Liga Asobal. 2007 im Endspiel gegen Magdeburg war sie mit 11000 Zuschauern ausverkauft. Im Liga-Alltag kommen aber meistens nur 2000 Leute – es sei denn: der Gegner heißt Madrid oder Barcelona.

Wie stehen die Chancen, zum zweiten Mal nach 2007 die Endspiele zu erreichen?
Sergio Ruiz Casanova: Wir sind realistisch, Flensburg ist der Favorit. Wir wären auf die SG lieber erst im Finale getroffen. Aber wir wissen auch, dass wir keine schlechte Mannschaft sind. Ich denke, die Chancen stehen aus unserer Sicht 40:60.