Stripes
Stripes
Archiv

Caja3 BM Aragon

Jorge Maqueda

Der Ebro, der zweitlängste Fluss der iberischen Halbinsel, schwingt sich malerisch durch Saragossa. Am südlichen Ufer steht die Kirche „Basílica del Pilar", die als das Wahrzeichen der fast 700000 Einwohner zählenden nordostspanischen Metropole gilt. Ein kleines Stück flussaufwärts glitzert das Expo-Gelände in der Sonne. Zwischen dem 14. Juni und dem 14. September 2008 drehte sich bei der Weltausstellung alles um das Thema „Wasser und nachhaltige Entwicklung“. Eine nachhaltige Tendenz lässt sich auch rund einen Kilometer abseits des historischen Stadtzentrums regelmäßig beobachten. Im 11000 Zuschauer fassenden „Pabellón Príncipe Felipe" trägt der Erstligist Caja3 BM Aragon  seine Heimspiele aus.

Erstliga-Handball in Saragossa – das war lange Zeit keine Selbstverständlichkeit. Zwischen 1982 und 1999 herrschte ein Vakuum, dann stieg Stadium Casablanca auf. Ein Verein, der sich postwendend in Garbel Saragossa umbenannte. Prägender Kopf auf dem Spielfeld war zur Jahrtausendwende Fernando Bolea, der 1999 nach zwei Jahren beim damaligen Bundesligisten SG Hameln in seine Geburtsstadt zurückgekehrt war. Als Höhepunkt ging der 5. Februar 2000 in die Annalen ein: Garbel schlug den großen FC Barcelona und legte den Grundstein für den Klassenerhalt.
2001 rutschte der Klub wieder eine Klasse tiefer. Neue Strukturen wurden geschaffen, ein kleiner Lokalrivale wurde integriert. Garbel schied als Namenspatron aus, 2004 trat die Bank CAI, die 2009 mit zwei anderen Geldinstituten zu Caja3 fusionierte, die Nachfolge an. Der Klub hieß nun CAI BM Aragon. Neuer Präsident wurde Ricardo Arregui vom mächtigen Hauptsponsor. Die Aufstiegsfeier genoss Fernando Bolea 2005 als Trainer. Doch bald darauf überwarf er sich mit dem Vorstand. Der kleckerte nicht, sondern klotzte: Der Emporkömmling verpflichtete namhafte Profis wie den Ägypter Hussein Zaky und Mariano Ortega (beide Ciudad Real) oder den Schweden Dalibor Doder (Teucro).

BM Aragon war auf Anhieb alles andere als ein Abstiegskandidat und qualifizierte sich als Siebter für das internationale Geschäft. Die Ballwerfer aus Saragossa waren zwischen 2006 und 2010 Stammgast im EHF-Cup. Im April 2007 erreichten sie gar die Endspiele und scheiterten dort am SC Magdeburg. Für eine Wiederholung eines Finaleinzugs sieht Trainer Mariano Ortega ein großes Hindernis vor sich. „Flensburg ist für mich der klare Titelkandidat in diesem Wettbewerb", sagt er. „Aber uns sollte man nicht unterschätzen. Wir haben in dieser Serie schon Barcelona und Madrid das Leben schwer gemacht."

Der 41-Jährige selbst blickt auf eine große Karriere zurück. Der Rückraum-Linkshänder war 2005 mit Spanien Weltmeister, stand einst im Aufgebot des FC Barcelona, erlebte mit wie sich BM Ciudad Real zu einem Top-Klub mauserte und ergatterte 2002 den Cup der Pokalsieger – in der Flensburger Campushalle. Nach dem Ende seiner Laufbahn übernahm Mariano Ortega das Traineramt bei BM Aragon.

In seinem Team stehen bis auf den ungarischen Rückraumspieler Gabor Grebenar, der 2009 aus Dunaferr kam, nur Spanier. Die bekannten ausländischen Namen sind abgewandert. Auch die zahlenmäßig einst große skandinavische Riege mit Akteuren wie Pierre Hammarstrand, Stian Vatne, Fredrik Larsson oder Robert Arrhenius löste sich mit dem Ende der letzten Serie endgültig auf. „Das passt zu unserem spanischen Spielsystem", sagt Sportdirektor Oscar Mainer. „Wir setzten auf einen Mix aus jungen und erfahrenen Spielern."

Allerdings wurde die neue Philosophie nicht ganz freiwillig kreiert: Wie fast überall in der Liga Asobal sind die finanziellen Ressourcen auch in Saragossa knapp geworden. Im Moment herrscht Ungewissheit. Die Personalplanung für die kommende Spielzeit soll noch nicht angelaufen sein, der Hauptsponsor „Caja3" soll seinen Ausstieg verkündet haben. In den letzten Tagen verdichteten sich zumindest die Anzeichen, dass ein neuer Mäzen gefunden worden ist. Zudem signalisierte die Provinzregierung, den BM Aragon weiter fördern zu wollen.

Nichtsdestotrotz: Zwei bekannte Namen haben die Iberer in ihren Reihen. Demetrio Lozano gewann mit dem FC Barcelona zwei Mal die Champions League und ging zwischen 2001 und 2004 für den THW Kiel auf Torejagd. 2010 landete der Routinier in Saragossa, muss derzeit aber wegen einer Armverletzung pausieren. „Wir hoffen auf ein Comeback im Mai", sagt Oscar Mainer. BM Aragon lieh deshalb den 20-jährigen Halblinken Carlos Molina aus Barcelona aus. In Deutschland ebenfalls bekannt: Sergio Ruiz Casanova. Der 34-Jährige gewann 2005 mit TUSEM Essen den EHF-Cup, fungiert derzeit als das erfahrene Backup zum jüngeren Spielmacher Victor Vigo.

Besonders stark einzuschätzen ist die Linkshänder-Fraktion des BM Aragon. Bei der Europameisterschaft in Serbien warf der Halbrechte Jorge Maqueda 15 Tore für Spanien und zählte auch zum Nationalaufgebot bei der gelungenen Olympia-Qualifikation. Positionskollege Javier Humet hat es mit seinen 22 Jahren bereits in den erweiterten Auswahlkader geschafft. Sehr torgefährlich sind überdies die beiden Rechtsaußen Josep Masachs und Antonio Carton. Weitere Leistungsträger sind der erfahrene Schlussmann Inaki Malumbres sowie Amadeo Sorli. Der 36-jährige Linksaußen ist das Urgestein, spielte schon mit Garbel Saragossa in der Liga Asobal.

Nach drei sechsten Plätzen in den letzten Jahren (2007, 2008 und 2011) stehen die Chancen, sich diesmal zu verbessern, gut. Trotz einer überraschenden 30:33-Heimpleite gegen Anaitasuna aus Pamplona rangiert BM Aragon an fünfter Stelle. Aber selbst, wenn diese Platzierung bis zum Saisonfinale verteidigt werden sollte: Ein stadtinterner Rekord wäre das nicht. Lange ist es her: Ademar de Saragossa wurde 1966 Vierter.