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"Diese Mannschaft ist etwas Besonderes"

(sh:z; Jan Wrege) Um halb neun am Freitag Abend kochte die Campushalle. Die Handballer des Europapokalsiegers SG Flensburg-Handewitt begannen ihre Freudentänze und alles, was sprudelte - Bier, Sekt oder Mineralwasser - musste herhalten, um Mitspieler, Trainer, Funktionäre zu begießen. Lasse Svan Hansen sprach aus, was alle bewegte. "Es war eine unglaubliche Erleichterung, mit dem Pokal dazustehen. Wir waren von Anfang an Favorit in diesem Wettbewerb, wir wollten unbedingt gewinnen, alle haben es von uns erwartet. Der Druck war riesig."

Er löste sich, als das zweite Finalspiel im Europapokal der Pokalsieger gegen den VfL Gummersbach nach packenden 60 Minuten mit 32:28 gewonnen war. Schon das Auswärtsspiel hatte die SG mit 34:33 für sich entschieden. Verdienter kann man nicht gewinnen, wie auch der Coach des starken VfL, Emir Kurtagic einräumte: "Flensburg war die beste Mannschaft in diesem Wettbewerb."

Seit dem DHB-Pokal 2005 hatten die SG und ihre Fans auf Titel gewartet, elf Jahre waren seit dem ersten Gewinn der Cupsieger-Trophäe vergangen. Turbulente Jahre mit bitteren sportlichen und wirtschaftlichen Durststrecken. Umso mehr sehnten die Flensburger einen Erfolg zum Anfassen herbei.

Sie haben in dieser Saison die Fachwelt überrascht. Die SG stand im DHB-Pokalfinale gegen die Übermannschaft THW Kiel kurz vor einer Riesensensation. Sie wird morgen aller Voraussicht nach im letzten Bundesliga-Heimspiel gegen Hannover die Vizemeisterschaft besiegeln. Der Meister von 2004 ist auf bestem Wege, sich wieder in die langjährige Rolle als der THW-Rivale schlechthin einzufinden. Schon blühen Träume vom Griff nach der Meisterschale. Das hat Trainer Ljubomir Vranjes als Ziel nach einigen Jahren des Aufbaus formuliert. Manager Holger Kaiser ist ebenfalls überzeugt: "In den nächsten zwei, drei Jahren werden noch prominentere Titel folgen."

Der "mit einiger Wehmut" scheidende Spielmacher Viktor Szilagyi hob Homogenität und Teamgeist als Erfolgsfaktoren hervor. "Diese Mannschaft ist etwas Besonderes. Es gab viele Schlüsselerlebnisse, die uns zusammen geschweißt haben: Bittere Niederlagen und großartige Siege, an die man sich lebenslang erinnern wird", sagte der Österreicher und nannte als Meilensteine den Auftakt in Kiel ("a richtige Watsch’n"), den Pokalfight mit Verlängerung in Wetzlar sowie die triumphalen Siege über die Top-Konkurrenten Hamburg, Berlin und Rhein-Neckar Löwen.

"Stolz, aber noch nicht satt", beschrieb Trainer Ljubomir Vranjes seine Gefühlslage. "Ich bin ganz bodenständig, habe noch viel zu lernen. Ich will die Mannschaft noch besser machen und noch mehr Titel gewinnen." Es wird nicht einfacher. Die Vorbereitung auf die kommende Saison wird wegen Olympia und wegen der WM im Januar extrem kurz ausfallen. Dazu kommt die Belastung durch die Champions League. Kaiser ist überzeugt, dass die Mannschaft auch diese Herausforderungen bestehen wird: "Es wird sie noch weiter nach vorn bringen. Viel zu spielen ist eher ein Plus für diese Mannschaft." Allerdings wird sie neben dem Linkshänder Steffen Weinhold (Großwallstadt) weitere Verstärkung brauchen. Manager Dierk Schmäschke sagte, dass die Verpflichtung eines Rückraumspielers kurz bevorstehe.