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THW Kiel

Vor drei Jahren staunte die deutsche Handball-Szene über den THW Kiel. Die „Zebras" funktionierten wie ein Uhrwerk, galoppierten unangefochten durch die Bundesliga. Nur drei Minuspunkte verloren sich auf dem Konto. Eine Bilanz, die vielen einmalig erschien. Wie es aussieht, währt die Einmaligkeit nur drei Jahre. In dieser Saison traten die Schleswig-Holsteiner noch dominanter auf. Null Miese – seit Wochen kokettiert die vereinseigene Homepage mit diesem phänomenalen Punktestand. Die 17. Meisterschaft für den Rekord-Titelträger galt im Bundesliga-Zirkus schon seit Wochen als beschlossene Sache, der Kieler Rathausmarkt für die traditionelle Meister-Sause ist für Anfang Juni bereits gebucht. Bei Redaktionsschluss sah es ganz danach aus, dass bereits am vergangenen Dienstag gegen den SC Magdeburg auch die letzten rechnerischen Zweifel am erneuten THW-Coup beseitigt waren und in der Sparkasse-Arena eine spontane Feier stieg.

Doch was sind die Gründe für diese fast unglaubliche Souveränität? Zum einen sicherlich die individuelle Klasse der Akteure. Mit Kim Andersson, Filip Jicha, Momir Ilic oder Daniel Narcisse tummeln sich im THW-Rückraum so viele Weltklasse-Spieler wie nirgendwo anders. Und mit dem jungen Aron Palmarsson scharrt ein „Rookie" mit den Hufen. Der Angriff allein macht keinen Meister. Mit Torwart Thierry Omeyer bejubeln die Kieler schon seit Jahren einen Koryphäe ihres Fachs. Davor steht eine Verteidigung, die mal im 6:0-Verbund, mal im 3:2:1-System operiert und es dem Gegner durch den häufigen Wechsel schwer macht, sie wirklich zu verstehen.

Sicherlich kann auch der Vergleich mit dem „Uhrwerk" wieder herangezogen werden. Die „Zebras" sind eingespielt, jeder weiß, was der Gegenspieler macht. Der THW konnte sich im letzten Sommer den Luxus leisten, keine Neuzugänge integrieren zu müssen. Es gab zunächst Skeptiker: Meisterschaft ohne Verstärkung – kann das überhaupt funktionieren? Alfred Gislason schmunzelte damals: „Wieso? Ich habe doch zwei Neuzugänge: Daniel Narcisse und Kim Andersson. Ich bin sehr froh, beide in guter Form wieder zu haben.“ Der Isländer hatte Recht: Nach viel Verletzungspech in der Serie 2010/11 erwischten beide erfahrenen Kräfte eine sehr starke, aktuelle Runde und sorgten für einen Qualitätssprung.

Für den Teamgeist sehr förderlich war der Auftakt der Saison-Vorbereitung. Der Tourismusverband des französischen Übersee-Departments La Réunion hatte den THW auf die Insel im Indischen Ozean, in die Heimat von Daniel Narcisse, eingeladen. Abfahrten mit dem Mountain-Bike, ein Helikopter-Rundflug und ein Freundschaftsspiel gegen eine Insel-Auswahl gestalteten einen unvergesslichen Trip. Und Erfolgstrainer Alfred Gislason stand am Strand und formulierte das Ziel: „Wir sind der THW Kiel. Und dann ist eine Saison, in der wir nicht Meister geworden sind, keine gute Saison.“ Diese Losung hat sich inzwischen erfüllt. Jetzt geht es darum, dass die Meisterschale zwei Geschwister bekommt: Mit dem Lufthansa Final Four und sicherlich auch mit der Champions League – das Viertelfinale gegen Zagreb war bei Druckbeginn noch nicht beendet – haben die „Zebras" noch zwei Trümpfe in der Hand.