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HSV Hamburg

Es waren im letzten Juni beeindruckende Bilder, als sich die Handballer des HSV Hamburg als Kapitäne verkleideten, den Balkon des Hamburger Rathauses enterten und die Meisterschale vor mehreren tausend begeisterten Menschen präsentierten. Diesen Impressionen wird zumindest vorerst etwas Einzigartiges anhaften. Schon zur Hälfte der Saison hatte der HSV Hamburg die Mission „Titelverteidigung" abgeblasen. „Kiel ist sehr weit von uns weg", erkannte nicht nur Meister-Coach Martin Schwalb, der als Präsident und Geschäftsführer in die Saison gestartet war, inzwischen aber auf die Bank zurückgekehrt ist.

Aber auch er konnte das bittere „Aus" auf der europäischen Bühne gegen die Füchse Berlin oder die deutliche Niederlage in Magdeburg nicht verhindern. In der TOYOTA Bundesliga geht es nur noch um die Qualifikation für die nächste europäische Champions League, die noch keineswegs gesichert ist. Leise Titel-Hoffnungen weckt noch das Lufthansa Final Four im eigenen „Wohnzimmer". Aber es wird schwer: Im Halbfinale lauert der THW Kiel.

Der zuletzt mehr als souveräne Marsch der „Zebras" ist ein Grund, weshalb die Ziele an der Elbe revidiert werden mussten. Dazu gesellen sich interne Faktoren. Einige Experten glauben, dass der HSV-Kader seinen Zenit überschritten hat. Andere attestieren den Hanseaten ein unglückliches Händchen bei der Trainer-Wahl. Der Schwede Per Carlén wurde nach nur einer Halbserie beurlaubt. Danach übernahm der bisherige Co-Trainer Jens Häusler das Zepter, ehe sich im März Martin Schwalb den „Hut" aufsetzte. „Ich bin kein Heilsbringer", sagte dieser zu seinem Comeback. „Wir müssen wieder eine Gemeinsamkeit in die Truppe kriegen."

Aber das war leichter gesagt als getan – angesichts eines großen Verletzungsmalheurs, das die Hamburger seit Monaten ereilt. Der größte Pechvogel ist das frühere Jahrhundert-Talent Oscar Carlén, das zwei Kreuzbandrisse erlitt. Der schwedische Linkshänder konnte noch kein Spiel für den HSV bestreiten. Da phasenweise auch Positionskollege Marcin Lijewski über Wehwehchen klagte, wurde der HSV kurzfristig auf dem Transfermarkt tätig. Mit Renato Vugrinec heuerte ein slowenischer Alt-Star an. Doch im März verletzte sich auch dieser: eine Blessur am Knie.

In den letzten Wochen wuchs das Pech zur Seuche. Johannes Bitter erlitt einen Kreuzbandriss und wird monatelang ausfallen, ehe er wieder das HSV-Gehäuse hüten kann. Gar nicht mehr mit der Raute auf der Brust auflaufen wird Bertrand Gille. Der französische Kreisläufer, der im Sommer zusammen mit seinem Bruder Guillaume nach Frankreich zurückkehren wird, musste wegen eines Sehnenanrisses in der rechten Schulter operiert werden. „Einfach nur tragisch“, schüttelte Martin Schwalb mit dem Kopf.

Aber wer weiß: Vielleicht erscheint die Hamburger Handball-Welt nach dem Lufthansa Final Four wieder in einem besseren Licht. Zwar haben die Ballwerfer von der Elbe beim Event vor der Haustür im letzten Jahr gefehlt, haben insgesamt aber durchaus positive Erinnerungen an die Pokalendrunde. 2006 und 2010 waren sie sogar zum Sieg gestürmt. Vielleicht gelingt ja eine Wiederholung: Dann könnten doch noch einige „Kapitäne" den Rathaus-Balkon entern – mit dem „Pott" im Schlepptau.