Stripes
Stripes
Archiv

HSG Wetzlar

(KONTER) Die Wolken waren mehr als dunkel. Vor einem Jahr startete die HSG Wetzlar mit sechs Niederlagen in die neue Saison. Im Umfeld waren noch die Nachfolgewirkungen eines bösen finanziellen Engpasses zu spüren, als einige Monate zuvor wegen aufgelaufener Verluste von rund 700000 Euro das „Aus" gedroht hatte. Geschäftsführer Sascha Schnobrich schied mit einem Burnout aus. Und Trainer Michael Roth zog nach neun Spieltagen eine Ausstiegsklausel im Vertrag und wechselte zum hessischen Rivalen MT Melsungen.
Die Mittelhessen funkten zwar „SOS", aber das Schiff ging nicht unter. Gennadij Chalepo etablierte sich als neuer Trainer. Sein Kontrakt wurde im Februar bereits um zwei Jahre verlängert. In Björn Seipp fand sich ein neuer Geschäftsführer, und der Etat beläuft sich inzwischen wieder auf soliden drei Millionen Euro. Und das Wichtigste: Sportlich kletterte die HSG Wetzlar auf einen nicht erwarteten elften Rang – weit entfernt von den Abstiegsrängen. „Dieses gute Abschneiden war nur möglich, weil es zwischen Mannschaft, Vorstand und Trainer-Team gestimmt hat", bilanzierte Gennadij Chalepo.
Das Frühlingshoch hatte in Wetzlar eine besonders starke Ausprägung und driftete teilweise sogar in die Euphorie ab. „In der neuen Saison muss unser Ziel klipp und klar formuliert ein einstelliger Tabellenplatz sein", schwärmte Aufsichtsratssprecher Manfred Thielmann. Im Laufe des verregneten Sommers schwächten sich die kühnen Erwartungen ab. Auch weil die HSG auf dem Transfermarkt nicht so zum Zuge kam wie gewünscht. Die Linksaußen-Position und den Kreis hatten die Verantwortlichen auf ihrer Agenda, fanden aber nichts Passendes im preisgünstigen Segment.
So blieb der österreichische National-Torwart Nikola Marinovic, der schon bei HBW Balingen-Weilstetten Bundesliga-Erfahrung gesammelt hatte, der einzige Neuzugang. „Mit ihm und Nikolai Weber haben wir nun das beste Torwartduo, das die HSG jemals hatte", glaubt Gennadij Chalepo. Kurios: Nikolai Weber hatte im Winter bereits einen Vertrag bei der MT Melsungen unterschrieben. Doch als die Nordhessen Per Sandström vom HSV Hamburg verpflichteten, ließ der gebürtige Hesse die Vereinbarung wieder auflösen und verlängerte in Wetzlar um zwei Jahre.
Zwei andere Spieler wurden in den Status eines „Neuzugangs" erhoben. Linksaußen Kevin Schmidt musste wegen einer schweren Schulterverletzung fast die gesamte letzte Serie pausieren, feierte aber ein stimmungsvolles Comeback. Ähnlich ging es dem Halblinken Steffen Fäth, der sich nach diversen Blessuren und Rückschlägen nun endlich den Durchbruch erhofft. Die Experten sehen im 21-Jährigen ein großes Talent. Der im Winter verpflichtete Bosnier Adnan Harmandic erlebte seine erste Vorbereitung mit der HSG und gilt als „Joker".
Am Ende der Saison laufen nicht weniger als zehn Verträge aus. Die Verantwortlichen hoffen, dass sich eine ungewisse sportliche Zukunft in eine besondere Motivation verwandelt und nicht nur der Klassenerhalt frühzeitig gesichert, sondern auch das sichere Mittelfeld angesteuert werden kann. Bislang sieht es gut aus. Zu Hause glückten souveräne Erfolge gegen die drei Aufsteiger, während die HSG auswärts Göppingen und Berlin tüchtig ärgerte und etwas unglücklich ohne Punktgewinn nach Hause fahren musste.
Eine neue Konstellation ist durch den Aufstieg des TV Hüttenberg entstanden. Der Nachbar ist mit einer gemütlichen Zehn-Kilometer-Radtour zu erreichen. Das erste Bundesliga-Derby beider Klubs ist inzwischen Vergangenheit. „Wir hätten bestimmt 7000 Karten verkaufen können", umschrieb HSG-Geschäftsführer Björn Seipp das öffentliche Interesse. Sein Team siegte nach einer starken zweiten Halbzeit mit 28:20 und unterstrich die Vormachtstellung in der Region.

Daten HSG Wetzlar