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Bergischer HC

Die Saison-Prognosen waren im letzten Sommer nicht gerade originell. Die Aufsteiger würden auch die Mannschaften sein, die es am schwierigsten im Kampf um den Klassenerhalt haben würden. Wenn ein Klub aus dem Neulings-Trio ausbrechen könnte, dann der Bergische HC. Jetzt, vier Spieltage vor Schluss, scheinen sich die Vorhersagen zu bestätigen: Die Westdeutschen stehen von den drei Emporkömmlingen am besten dar, bei einem Rückstand von fünf Zählern auf das rettende Ufer spricht dennoch derzeit vieles für eine Rückkehr in die Zweitklassigkeit. Der BHC hat neben den schweren Auswärtspartien in Flensburg und Mannheim noch die Heimaufgaben gegen Balingen und Hüttenberg in der Hinterhand.

Die Bergischen Löwen betraten in dieser Spielzeit erstmals die Bundesliga-Bühne, waren aber kein wirklicher Novize. Denn bei den Westdeutschen handelt es sich um einen Fusionsklub, der erst 2006 entstanden ist. Und seine beiden Keimzellen hatten zuvor getrennt Bundesliga-Luft geschnuppert. Die SG Solingen von 2000 bis 2002. Der HC Wuppertal hielt sich zur Jahrtausendwende sogar vier Serien in der deutschen Eliteklasse auf. Furioser Höhepunkt: Als Aufsteiger stürmten die Westdeutschen 1997/98 die Ostseehalle und bis auf Rang acht vor. Langjährige Handball-Fans werden sich vielleicht noch erinnern: Olafur Stefansson, Dagur Sigurdsson und Trainer Viggo Sigurdsson entfalteten damals viel Island-Power an der Wupper.

Heute sind das nicht mehr als schöne Erinnerungen. „Unser Ziel ist ganz klar der Klassenerhalt", stellte der erfahrene Coach HaDe Schmitz im August nüchtern fest. „Wir werden mit ganz viel Enthusiasmus an den Start gehen." Stolz schwang mit, es geschafft zu haben. Es allen gezeigt zu haben, die den Fusions-HC stets skeptisch beäugt hatten. 2006 hatte sich Wuppertal aus der Zweitklassigkeit verabschiedet – nach unten. Solingen stand dicht vor dem gleichen Schicksal. Kurzum: Die Gründer fanden magere Voraussetzungen vor. „Es war zeitweise ein Kampf gegen Windmühlen", erinnert sich Stefan Adam, der als Manager und Gesellschafter fungiert. Doch das „hässliche Entlein" mauserte sich zu einem Zweitliga-Schwan, stieß 2010 in die Relegation vor. In diesem Mai überflügelten die Bergischen Löwen am letzten Spieltag den Kontrahenten Hüttenberg und stiegen direkt in die Bundesliga auf.

„Wir wollen uns in der Bundesliga etablieren", kündigte Stefan Adam an. „Allerdings nicht um jeden Preis." Immerhin hob man den Etat auf rund zwei Millionen Euro an, ist in finanzieller Hinsicht nicht das Bundesliga-Kellerkind. Stolz verkündeten die Bergischen die Verpflichtung von Henrik Knudsen. Der dänische Spielmacher war zuvor für den polnischen Meister Kielce in der Champions League aufgelaufen, wird sich aber einen neuen Arbeitgeber suchen müssen. Gerade in der Rückrunde waren die Verantwortlichen mit seiner Leistung nicht zufrieden.

Die Formkurve stimmte dafür bei Positionskollege Alexander Oelze. Die Entdeckung der Saison war indes Hendrik Pekeler. Der Kreisläufer steht inzwischen im Notizbuch von Bundestrainer Martin Heuberger. Die Vertragsverlängerungen von Torhüter Mario Huhnstock und Linkshänder Runar Karason sowie der „Transfer-Hammer" Viktor Szilagyi signalisieren: Die Perspektiven beim BHC sind trotz – oder wegen – eines eingeleiteten Umbruchs gut. Bei einem Abstieg würden die Löwen zwangsläufig zum heißen Aufstiegskandidaten mutieren.