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Campushalle feiert die Meisterjäger

(sh:z; Jan Wrege) So ein Handballfest hat die Campushalle lange nicht erlebt. 6500 Fans hielt es in den letzten zehn Minuten nicht mehr auf den Sitzen, als die Schlussphase des Spitzenspiels der Handball-Bundesliga zum Schaulaufen der Meisterjäger geriet. Die SG Flensburg-Handewitt schraubte den Vorsprung gegen den HSV Hamburg auf sensationelle acht Tore (34:26), am Ende stand ein nicht minder überraschender 36:30 (18:15)-Erfolg über den Favoriten. Der erste Sieg gegen Hamburg seit drei Jahren, der erste gegen einen amtierenden Meister seit Herbst 2007.

Michael Knudsen packten die Emotionen: "Zum Schluss musste ich fast weinen, so schön war das", sagte der dänische Kreisläufer. "Eine geile Leistung meiner Mannschaft", hatte Trainer Ljubomir Vranjes gesehen, während sein Beitrag zum Sieg von SG-Geschäftsführer Holger Kaiser gewürdigt wurde: "Ljubo hat den Gegner auseinanderseziert. Alles, was er vorhergesagt hatte, ist genauso eingetroffen." Den Gästen blieb nur, zu gratulieren und "einen auch in der Höhe absolut verdienten Sieg anzuerkennen", so HSV-Coach Jens Häusler, der bei seinem Team "grobe Schnitzer und grobe Systemfehler" beklagte.

Zum Mann des Tages avancierte wieder einmal Mattias Andersson. Der SG-Torhüter brachte die Hamburger Rückraumriesen mit 22 Paraden zur Verzweiflung. Nach verhaltenem Beginn war der Schwede im zweiten Durchgang kaum noch zu bezwingen, was er selbst in aller Bescheidenheit auch auf "ein fast perfektes Spiel" seiner Mitstreiter zurückführte: "Super Abwehr, vorn ganz diszipliniert."

Der HSV musste nach dem Ausfall von Renato Vugrinec kurzfristig auch auf Pascal Hens (Bauchmuskelzerrung) verzichten, begann aber stark und hatte zunächst die Nase vorn (9:7, 16.). Dann setzte die SG zu einem unwiderstehlichen 7:1-Lauf zum 14:10 (21.) an. Der Explosivität von Petar Djordjic und Thomas Mogensen sowie der Präsenz von Knudsen am Kreis hatte die HSV-Abwehr in dieser Phase nichts entgegenzusetzen.

Die Partie zeigte nachdrücklich, dass die SG die Angst vor offensiven Deckungsreihen überwunden hat. Vorbei die Zeit, als es den Gegnern allein genügte, sich in 5:1- oder 3:2:1-Formation aufzustellen, um den Flensburger Rückraum aus dem Konzept zu bringen.  Das Repertoire an Angriffszügen ist nun variabel genug, um Chancen von allen Positionen zu erzwingen. Ein Riesenproblem für die Hamburger: "Es ist uns nicht gelungen, irgendeinen Mannschaftsteil der Flensburger so zu stören, dass von dort keine Tore kamen. Wenn du bei jedem Angriff ein Gegentor fürchten musst, wird die Verunsicherung auch vorn immer größer. Deswegen sind wir so sang- und klanglos untergegangen", analysierte Häusler messerscharf.

Zwar kehrten die Gäste dank ihrer starken Individualisten Domagoj Duvnjak und Blazenko Lackovic noch einmal zurück, übernahmen mit 20:19 und 21:20 (37.) noch einmal die Führung, doch die SG blieb cool und wartete auf die nächste Schwächephase des Meisters. Sie musste kommen, wusste Mogensen. "Unser Ziel war, Hamburgs Rückraum immer in Stress zu halten und müde zu machen. Deswegen sind wir den Halben mal entgegen gegangen oder mal stehen geblieben, bis sie  nicht mehr wussten, was passiert. Nach 50 Minuten waren die kaputt", frohlockte der Däne, der vorn brillant das Spiel führte und in der Abwehr seinen Ex-Kollegen Marcin Lijewski nahezu lahm legte. "In den entscheidenden Phasen war nicht mehr genügend Kraft in den Akkus", gab Lackovic später zu.

Fast demütigend war es für die Gäste, als Andersson die Würfe auch noch fing. Vorn warfen Holger Glandorf, Lasse Svan Hansen und Djordjic den schwachen HSV-Keepern Johannes Bitter und Dan Beutler die Bälle um die Ohren. Zehn Minuten vor Schluss war der Sieg mit 31:25 im Sack, was besonders  Mogensen freute. "Die Schlussphase konnten wir richtig genießen. Ein geiles Gefühl." Und Michael Knudsen kann gar nicht genug von solchen Erlebnissen bekommen: "Mein Saisonziel ist jetzt Platz zwei."