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HSV Hamburg

Es waren im letzten Juni beeindruckende Bilder, als sich die Handballer des HSV Hamburg als Kapitäne verkleideten, den Balkon des Hamburger Rathauses enterten und die Meisterschale vor mehreren tausend begeisterten Menschen präsentierten. Diesen Impressionen wird zumindest vorerst etwas Einmaliges anhaften. Schon zur Hälfte der Saison hat der HSV Hamburg die Mission „Titelverteidigung" abgeblasen. „Darüber dürfen wir nicht mehr sprechen", meint HSV-Star Pascal Hens. „Der THW hat null und wir neun Minuspunkte." Und Rückraum-Kollege Blazenko Lackovic ergänzt: „Wir müssen auch anerkennen: Der THW ist im Moment einfach geil drauf."

In diesen Worten verstecken sich bereits die Gründe, weshalb die Ziele an der Elbe revidiert werden mussten. Es sind externe, aber auch interne Faktoren. Zum einen strahlt der erwartete Hauptkonkurrent, der THW Kiel, eine noch größere Souveränität aus, als man es in Hamburg befürchtet hatte. Zum anderen haben die Hanseaten selbst mehr Schwächen gezeigt, als sie es für möglich gehalten hätten. Eine Tatsache, die angesichts eines Blicks auf den HSV-Kader überrascht. Dort glänzen 16 Mal Welt- oder zumindest internationale Klasse.

Doch der Schein trügt. Einige Akteure zeigten unerwartete Formschwankungen, andere kämpften mit einem Verletzungsmalheur. Größtes Pech hatte Oscar Carlén. Das einstige schwedische Jahrhundert-Talent hatte sich im Februar, damals noch im Dress der SG Flensburg-Handewitt, einen Kreuzbandriss im rechten Knie zugezogen. Kurz vor seinem Debüt im HSV-Dress erlitt er die gleiche Verletzung nochmals. Aus dem Hoffnungsträger ist ein Sorgenkind geworden. Da auch der zweite Linkshänder Marcin Lijewski über Wehwehchen klagte, wurde der HSV kurzfristig auf dem Transfermarkt tätig. Mit Renato Vugrinec heuerte ein slowenischer Alt-Star an. Dieser verletzte sich am letzten Wochenende allerdings am Knie.

Auch der Spielplan hatte seine Tücken. Schon Mitte September musste der HSV bei den Spitzenklubs Füchse Berlin und Rhein-Neckar Löwen antreten und kassierte binnen vier Tagen zwei Niederlagen. Es waren Spiele, die man verlieren kann. Aber zumindest eines hätten die Elbe-Handballer gewinnen müssen, um im Titelkampf ein Zeichen zu setzen. Während einer viertägigen Auswärtsreise nach Wuppertal und Rumänien tauschten sich Mannschaft und Trainer Per Carlén sehr intensiv aus - und rauften sich noch einmal zusammen. Der HSV marschierte – alle drei Wettbewerbe zusammengerechnet – zu 19 Siegen in Serie.

Am 7. Dezember der bittere Absturz: ein 31:32 beim TuS N-Lübbecke. Als dann kurz darauf auch beim THW Kiel nichts zu holen war, war für viele die Vorentscheidung um den Bundesliga-Thron gefallen. „Ich habe noch nie gehört, dass eine Meisterschaft im Handball schon im Dezember entschieden ist. Das Allerletzte, was wir verlieren, ist unser Kampfgeist“, bemerkte HSV-Geschäftsführer Martin Schwalb zwar,  aber es waren auch andere Töne zu hören. „Wir müssen einen der ersten drei Plätze und damit die Champions League anvisieren", sagte Per Carlén. „Die Königsklasse ist wichtig für den Verein – und für die Motivation."

Für ihn war kurz vor Silvester Schluss. Der HSV beurlaubte seinen einstigen „Wunschtrainer" nach nur einer Halbserie des auf drei Jahre vereinbarten Vertrags. Ein renommierter Nachfolger fand sich nicht auf die Schnelle. Bis zum Saisonende springt Co-Trainer Jens Häusler in die Bresche. Im Hintergrund wird nach den großen Namen gefahndet. Talant Duishebaew (Altletico Madrid) sagte bereits ab.