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Das Wechselbad in Wetzlar

(sh:z; Hans-Werner Klünner) Die Anspannung wich erst aus den Gesichtern der SG-Spieler und von Trainer Ljubomir Vranjes, als Lasse Svan Hansen 20 Sekunden vor Schluss den Sack endgültig zumachte. Vranjes stand an der Seitenlinie, klatschte seine Spieler ab, und nach dem Schlusspfiff bildeten alle eine Jubeltraube um Torhüter Mattias Andersson, der 50 Sekunden vor Schluss mit einem parierten Strafwurf die Siegchancen erhalten hatte. Mit dem 26:24 (15:14) bei der HSG Wetzlar hatte die SG Flensburg-Handewitt im neuen Jahr auswärts in der Handball-Bundesliga den ersten doppelten Punktgewinn gelandet und bleibt damit im Geschäft um die Plätze für die Champions League 2012/2013. "Wir haben die zwei Punkte - wie, ist mir egal", atmete Vranjes erleichtert auf.

Es gab keinen Schönheitspreis zu gewinnen in der Rittal-Arena, das hatten Vranjes und sein Team vorher gewusst. Kampf, Leidensfähigkeit und Einsatz waren gefragt in einem Spiel mit vielen Nickligkeiten - die Physiotherapeuten waren im Dauereinsatz. Die Flensburger steckten jedoch alle Nackenschläge weg und behielten in der heißen Schlussphase einen kühlen Kopf. Und sie blieben von schwereren Blessuren verschont. Der überragende Torhüter Mattias Andersson (17 Paraden, davon drei Siebenmeter), der in der 20. Minute von Adnan Harmandic bei einem Strafwurf am Kopf getroffen worden war, wird am Sonnabend gegen den HSV Hamburg ebenso auflaufen können wie Michael Knudsen, der in der 23. Minute von Philipp Müllers Ellenbogen bei dessen Sturz im Gesicht getroffen worden war und eine Auszeit bis zum Beginn der zweiten Hälfte hatte nehmen müssen. "Sie werden gegen den HSV dabei sein", sagte Vranjes gestern Mittag.

Die Flensburger hatten in der dritten Auseinandersetzung mit Wetzlar in der laufenden Saison eine Achterbahnfahrt der Gefühle erlebt. In der ersten Hälfte hatte die SG 1:3 hinten gelegen, dann 5:3 geführt, um wieder mit 5:8 ins Hintertreffen zu geraten. Auch in der zweiten Hälfte hatte die SG einen Hänger, als aus einer 18:15-Führung ein 20:22-Rückstand wurde. Doch unter dem Strich standen am Ende zwei Punkte, "weil wir den Kampf angenommen haben", freute sich Holger Glandorf über eine solide Abwehrleistung der Flensburger.

Im Angriff zählten der Nationalspieler und Rechtsaußen Lasse Svan Hansen zu den Erfolgsgaranten. Allein 15 Tore ging auf das Konto der rechten Angriffsseite, die von der Wetzlarer Defensive nie zu bremsen war. Als Chef an der Schaltzentrale überzeugte Thomas Mogensen, der nach 15 Minuten den glücklosen Viktor Szilagyi abgelöst hatte. Eigentlich hätte der Österreicher durchspielen sollen. "Doch er spielte mit zu viel Risiko und machte zu viele Fehler, da musste ich handeln", begründete Vranjes den Wechsel. Weiter einsteigen in die Einzelkritik wollte der Schwede nicht: "Ich verlange von meinen Spielern in jeder Situation 100 Prozent, wenn das nicht klappt, müssen sie auf die Bank, damit beim nächsten Mal noch mehr von ihnen kommt."

Drei Mal gegen Wetzlar gespielt in dieser Saison, drei Mal gewonnen - "darüber bin ich richtig froh, das ist seit Jahren nicht mehr vorgekommen", sagte Vranjes, der die Auswärtspartie damit auch abhakte. Gestern Mittag saß der SG-Trainer schon wieder vor dem Bildschirm und schaute sich Videos vom nächsten Gegner an. "Jetzt fokussieren wir uns ganz auf das Spiel gegen den HSV", sagte Vranjes. "Und das wird schwer genug."