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Eintracht Hildesheim

Dennis Klockmann misst 2,10 Meter. Damit ist er der größte Spieler der Handball-Bundesliga. „Davon hat mir neulich ein Fan erzählt", sagt der Torwart von Eintracht Hildesheim. „Mir war das gar nicht bewusst, und ich lege auch keinen Wert darauf." Wesentlich lieber sind ihm da schon die großen Gefühle. Solche wie im Mai, als die Niedersachsen mit einem Sieg in Rostock am letzten Spieltag den Bundesliga-Aufstieg perfekt machten. „Es ist klasse", erinnert sich Dennis Klockmann, „wenn man erfolgreich ist und vor allem erfolgreicher, als vorher erwartet." Andere Zweitliga-Teams hatten die Experten wesentlich stärker eingeschätzt. Am Ende waren es aber die Hildesheimer, die die Nacht zum Tag machten.
Inzwischen hat in Südniedersachsen die Feierlaune der nüchternen Realität Platz gemacht. Die Eintracht ist ein gebranntes Kind. Drei Mal schon, nämlich 1968, 2000 und 2006, hatte sie die Bundesliga-Bühne betreten. Es war jedes Mal ein frustrierendes Erlebnis. Stets erfolgte der direkte Abstieg, immer abgeschlagen als Tabellenletzter. Auch diesmal wird der Eintracht ein schwerer Stand prognostiziert. Bislang glückte in den acht Partien erst ein Sieg. Trainer Volker Mudrow ist die knifflige Situation bewusst. „Der Aufstieg war ein großer Erfolg, der Klassenerhalt wäre ein noch größerer", sagt der 42-jährige gebürtige Braunschweiger.
Er selbst steht für eine personelle Zäsur. Im Juni löste der Lemgoer Meistertrainer von 2003 auf der sportlichen Kommandobrücke „Mister Eintracht" Gerald Oberbeck ab. Das Urgestein trainierte seit 1981 die Männer des Klubs, seit 1998 fungierte er in Personalunion als Geschäftsführer der damals gegründeten GmbH. Nur ein einziges Mal, in der Bundesliga-Serie 2006/7, gab Gerald Oberbeck den Trainerstab weiter: an den Russen Valerij Gopin. Eine Entscheidung, die den Macher noch heute wurmt. „Wir haben unser Leistungs-Niveau in jener Spielzeit nie wirklich abrufen können", sagt er.
Mit dem erneuten Bundesliga-Aufstieg sah Gerald Oberbeck erneut die Notwendigkeit, sich auf den wirtschaftlichen Sektor zu konzentrieren. Im Juni waren die Verhandlungen mit Volker Mudrow schon fast gescheitert, als die beiden Vertragsparteien doch noch einen Kompromiss fanden.
Ob der Vorgänger seinem Nachfolger auf die Finger schaut? „Die sportliche Verantwortung trägt allein der Trainer, ich unterstütze ihn aber, wo es geht“, wiegelt Gerald Oberbeck ab. Auch Volker Mudrow macht sich keine Sorgen, dass es zu einem Kompetenzgerangel kommen könnte: „Wir kennen uns schon sehr lange und haben ein freundschaftliches Verhältnis. Wir sprechen über alles, was besprochen werden muss." Es scheint zu passen.
Aber ob es für die Bundesliga reichen wird? Die knapp 3000 Zuschauer fassende Arena und ein Etat von 1,8 Millionen Euro sind eher schmale Rahmenbedingungen. Auf dem Transfermarkt konnten die Niedersachsen keine großen Sprünge machen. Nur zwei Neuzugänge können auf einen größeren Bundesliga-Erfahrungsschatz verweisen – und beide verdienten ihre Brötchen zuletzt im Katar: Der serbische Spielmacher Vladica Stojanovic spielte einst in Melsungen, der slowenische Linkshänder Bostjan Hribar für Düsseldorf, Großwallstadt und Wilhelmshaven. „Die Mannschaft hat eine ausgewogene Mischung aus Jung und Alt und eine gute Einstellung", sagt Volker Mudrow. Der Coach hat den Respekt der Spieler. „Wir haben einen routinierten Trainer, der uns gut motivieren kann", meint Dennis Klockmann. Den Klassenerhalt hat er im Visier. Wenn es gelingt, werden die Fans ihn sicherlich verehren. Nicht als den längsten, sondern als den großen Torwart, der der Eintracht zum ersten Bundesliga-Klassenerhalt in der Vereinshistorie verholfen hat.

Daten Eintracht Hildesheim